Er machte die "Vogue" richtig glamourös
Wenn man an klassische Eleganz denkt, kommen immer wieder bestimmte Assoziationen ins Spiel - Roben von Chanel, mondäne Kaufhäuser an der Fifth Avenue in New York, Luxusdampfer, Golfclubs und Great-Gatsby-Parties in luftigen Landvillen. Geprägt wurden diese Vorstellungen nicht zuletzt durch Zeitschriften wie Vogue und Vanity Fair. Und dort wiederum zeichnete in den prägenden Jahren der Zwischenkriegszeit ein Mann für die Bildsprache verantwortlich: Edward Steichen.
Das Fotomuseum Westlicht zeigt nun bis 19.4.2015 in einer groß angelegten Ausstellung die Arbeiten des US-amerikanischen Fotografen aus jener Zeit. Es sind Fotos, die überraschenderweise jahrzehntelang in den Archiven schlummerten: Die Fotogeschichte kannte Steichen eher als Fotograf des "Piktorialismus" - der weichzeichnenden, an Malerei orientierten Fotografie-Strömung des frühen 20. Jahrhunderts - und als Kurator, der 1955 die epochale Wanderausstellung "The Family of Man" zusammenstellte.
Traum-Bilder der Zwischenkriegszeit
Der Fotokurator William E. Ewing, der die Schätze aus den Archiven des Verlagshauses holte und aufbereitete, betont, dass die Bilder von Steichen gewiss nie als Ausstellungsobjekte gedacht waren: Was zählte, war die gedruckte Magazinseite, und der "Kunstfotograf" Steichen wusste die Anforderungen seiner Auftraggeber gut zu bedienen. Zugleich verlor er nie die künstlerische Sensibilität und "importierte einen modernen Blick in die Modefotografie", wie Ewing sagt: Radikale Froschperspektiven und Untersichten, dominante Diagonalen im Bild, Bilder von Körpern in ungewöhnlichen, überdehnten Posen gehörten zu den Stilmitteln, die Steichen aus der europäischen Avantgarde mitbrachte.
Nast hatte es sich schon zur Gewohnheit gemacht, neben professionellen Models auch aufstrebende Schauspieler und Schauspielerinnen für Modefotos zu engagieren. So kommt es, dass in der Westlicht-Schau auch Bilder der jungen Katharine Hepburn zu sehen sind, die sich für Vogue in Szene setzte. Die Zeit der großen Hollywood-Stars, die mit dem Übergang vom Stumm- zum Tonfilm ihren Ausgang nahm, fand in Steichen ihren Chronisten.
Neben ihrer Qualität als Epochen-Porträt bergen Steichens Fotos für Condé Nast aber noch eine andere, zeitlosere Faszination. Denn die Eleganz, die in den Bildern zum Ausdruck kommt, geht über die Eleganz der vorgeführten Roben und Hüte hinaus: Steichen, der sich zweifellos auch an klassischer Skulptur und Malerei orientierte, inszenierte seine Bilder mit derartigem visuellem Know-How, so dass sie auch noch heute nicht "angestaubt" wirken.
Zudem kehrt Mode in Zyklen immer wieder. Als die Schau in Paris gastierte, so erzählt Kurator Ewing, kaufte Designer Ralph Lauren 40 Stück des Katalogs als "Studienmaterial" für sein Kreativ-Team. Die Publikation, die neben Reproduktionen und Essays auch Informationen zu den abgebildeten Personen enthält, ist übrigens - ebenso wie die Ausstellung selbst - eine Empfehlung wert.
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