Medienforscherin über Dschungelcamp: RTL profitiert, weniger die Stars
Der Erfolg des Dschungelcamps ist aus Sicht der Fernsehforscherin Joan Kristin Bleicher von der ersten Staffel an absehbar gewesen. Warum und welcher Faktor der kritischste ist, erklärt die Professorin im Interview der dpa.
Das Dschungelcamp geht in die zehnte Staffel. Haben Sie diese Entwicklung erwartet?
Bleicher: Ich glaube, der Erfolg der ersten Staffel hat schon nahegelegt, dass diese Sendung langfristig gut laufen wird.
Was ist das Geheimnis, das dazu führt?
Bleicher: Die Sendung kombiniert ganz verschiedene Elemente miteinander und hat damit natürlich einen hohen Unterhaltungswert. Also ein sehr exotisches Setting, sehr interessante Figuren, Comedy-Elemente, Confrontainment - alles ist dabei.
Wer profitiert aus Ihrer Sicht am meisten von der Sendung?
Bleicher: Der Sender profitiert davon. Bedingt durch die hohen Quoten, bedingt durch ein Event, der sehr hohe Aufmerksamkeit bindet. Gerade bei den Stars hingegen ist es zu beobachten, dass der Erfolg bei vielen doch ausbleibt. Also der Traum von einer Zweitkarriere hat sich für Walter Freiwald und andere sehr schnell wieder ausgeträumt.
Wie sieht es aufseiten der Wirtschaft aus? Verschiedene Sponsoren begleiten die Sendung ja flächendeckend im TV und Internet.
Bleicher: Da ist der Wert unterschiedlich für die einzelnen Unternehmen. Da ist im Bereich Product-Placement - man denkt bestimmt an Schokoladensorten - ein hoher Aufmerksamkeitsfaktor vorhanden. Aber ansonsten interessieren sich die Zuschauer eher für die Sendung als für die Unternehmen, die das sponsern.
Wo steht denn das Dschungelcamp heute in der deutschen Fernsehlandschaft - auch nach dem Aus von "Wetten, dass..?"?
Bleicher: Das Dschungelcamp war aus meiner Sicht von Anfang an eine Ausnahme. Es ist natürlich Lagerfeuerfernsehen. Aber nur für eine begrenzte Zeit. Und ich glaube, diese Ritualbildung des Formats, dass man jeden Jänner schaut, wie sich die Stars verhalten, wie sich das entwickelt, ist sehr wichtig für den Erfolg der Sendung.
Ist es auch von Vorteil, dass das auf zwei Wochen komprimiert ist und nicht alle paar Wochen die große Samstagabendshow?
Bleicher: Die zeitliche Begrenzung ist natürlich ein ganz wichtiges Element für den Sendungserfolg und macht auch diesen Eventcharakter aus. Das würde sich im Wochenrhythmus überhaupt nicht so realisieren lassen.
Was erwarten Sie für die zehnte Staffel?
Bleicher: Die übliche Mischung aus Comedy und Confrontainment. Aber natürlich auch eine Steigerung der spielerischen Anforderungen, das war ja bisher schon deutlich erkennbar. Und ich glaube, auch an der Schraube Ekelfaktor wird noch weiter gedreht werden.
Ist da denn noch Luft nach oben?
Bleicher: RTL hat es noch von Jahr zu Jahr immer wieder geschafft. Aber ich glaube, das Kernproblem ist das Casting. Und wenn man keine geeigneten Mitwirkenden findet, sollte man aus meiner Sicht eher mal ein Jahr aussetzen, als auf Teufel komm raus das Format weiterlaufen zu lassen.
Zur Person: Joan Kristin Bleicher
Prof. Dr. Joan Kristin Bleicher (55) arbeitet am Institut für Medien und Kommunikation der Hamburger Universität. Die gebürtige Berlinerin lehrt im Fach Medienkultur und Journalistik. Zu ihren Schwerpunkten zählen Fernsehwissenschaft und Reality TV.
Das Gespräch führte Marco Krefting/dpa
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