Schade um die Rückkehr nach der Vertreibung

Porträts aus dem Jahr 1928: Elisabeth de Waal, damals 29, heiratete in eine niederländische Familie ein
"Donnerstags bei Kanakis": Im Nachlass der ältesten Ephrussi-Tochter wurde ein Roman über Wien in der Besatzungszeit entdeckt

Das Problem ist Miss Marie-Theres aus Amerika, die, seit sie in Wien ist, Resi genannt wird. Die 18-Jährige bringt einen Ton in den Roman, auf den man gern verzichtet hätte.

"Wie eine körperlose Blase, gewichtslos und schillernd, schwebte sie auf dem breiten, gelassenen Strom des Lebens, wie es im Wald ablief."

Geworben wird damit, dass "Donnerstags bei Kanakis" von Elisabeth de Waal (1899–1991) stammt. Die gebürtige Wienerin hinterließ die vergilbten Maschinschreibseiten.

Elisabeth war die älteste Tochter der Familie Ephrussi, deren Palais samt Kunstschätzen 1938 geraubt wurde. Ihr Enkel, der englische Keramikkünstler Edmund de Waal, hatte mit der Familienbiografie "Der Hase mit den Bernsteinaugen" zu Recht größten Erfolg. 2011 erschienen, ist diese intensive Erzählung zurzeit als Taschenbuch in den Bestsellerlisten.

Schade um die Rückkehr nach der Vertreibung

Geworben wird damit, dass Elisabeth de Waal nach dem Krieg in Wien ums geraubte Gut kämpfte. Mit wenig Erfolg: Das Palais Ephrussi bekam sie zwar zurück. Aber es war keine gute Zeit,um es in der besetzten Stadt zu verkaufen. Der Erlös? 30.000 Dollar. (2009 wechselte es für 31 Millionen Euro den Besitzer.)

Das ist ein Thema von "Donnerstags bei Kanakis": Dass ein jüdischer Wissenschaftler aus Heimweh aus dem Exil kommt und seine Stelle zurückhaben will. Man gibt ihm zu verstehen, er hätte freiwillig das Land verlassen. Er hätte auf die Kündigung warten müssen. Auf die Deportation?

Dann gibt man ihm Arbeit, wo sein Chef einer ist, der in Konzentrationslagern in Menschenexperimente verwickelt war ...

Verliebtheit

Darüber will man lesen. Dieses Klima will man spüren. Elisabeth de Waal kannte es und fing es zu selten ein.

Leider machte sie aus dieser Rückkehr schnell eine Geschichte von Verliebtheiten; und warf zusätzlich einen anderen Heimkehrer ins Geschehen, den reichen Griechen Kanakis, der in einem Hinterhof-Palais Künstler und junge Adelige wöchentlich einlädt.

Und so sind wir bei Resi angekommen, die von ihrer in die USA emigrierten Mutter zu Wiener Verwandten geschickt wurde. Und hier sterben wird. Und das interessiert nicht.

KURIER-Wertung:

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