"Don Giovanni" in Salzburg: Sensible Tönen, aber zu wenig Dramatik

"Don Giovanni" in Salzburg: Sensible Tönen, aber zu wenig Dramatik
Julian Prégardien war das sängerische Highlight der heurigen Produktion der Mozartwoche.

Dalla sua pace“: Es ist sicher eine der schönsten Arien, die Wolfgang Amadeus je geschrieben hat und die er dem Don Ottavio in den Mund gelegt hat. Und sie wirkt umso mehr, wenn sie so innig und so wunderbar gesungen wird, wie von Julian Prégardien mit seinem herrlich lyrischen Tenor, bei dem auch sonst jede Phrase ideal zur Geltung kommt. Er ist zweifellos das sängerische Highlight des „Don Giovanni“, der heurigen Opernproduktion der Mozartwoche, mit dem der konzertante Da-Ponte Zyklus fortgesetzt wird.

Charmanter Verführer

Aber auch der Titelheld gefällt mit schönem Bariton: Johannes Kammler ist aber kein wüster Draufgänger, sondern als feiner, charmanter Verführer gezeichnet. Das Dämonische oder Getriebene, was man von anderen Darstellern kennt, sucht man bei ihm vergeblich. Als sein dienerischer Begleiter vermag der kernig singende Maurizio Muraro als Leporello große Komödiantik und Präsenz zu versprühen. Magdalena Kožená als Donna Elvira zeigt große Leidenschaft und Gefühle. Julia Lezhneva als Zerlina vermag viel jugendliche Frische und große Koloraturensicherheit zu vermitteln. Julien Van Mellaerts singt den Masetto sehr solide. Sylvia Schwartz ist eine sehr leichtstimmige und wenig raffinierte Donna Anna, die mit den Anforderungen der Rolle Probleme hat und deren Höhe zur Schärfe neigt.

Dem ehemals großartigen Liedsänger Robert Holl fehlt es leider als Komtur an Durchschlagskraft. Spielfreudig und klangschön singt der Bachchor Salzburg (Einstudierung: Benjamin Hartmann). Dem Pianisten Sir András Schiff fehlt es an dirigentischer Erfahrung. Er lässt am Pult und bei den Rezitativen selbst am Hammerklavier viele Freiheiten zu. Bei dem von ihm gegründeten Orchester Cappella Andrea Barca erzeugt er einen extrem kammermusikalischen Klang mit vielen sensiblen Tönen.

Manches gerät jedoch dabei zu beschaulich und zu wenig akzentreich. Elementare Wucht oder irgendeine Dämonie fehlen leider gänzlich. Rolando Villazón lässt bei seiner szenischen Einrichtung rund um das Orchester sehr lebendig und mit viel Witz in einem Kostümmischmasch spielen und auch immer wieder mit dem Dirigenten interagieren. Zwei kleine Häuserfronten dienen für die Auftritte und Abgänge, ein Podest im Hintergrund für den Chor und den Auftritt des Komturs, ein Esstisch mit Kerzenlicht für das finale Bankett werden auf der Riesenbühne platziert. Licht in verschiedenen Farben in den Arkaden der Felsenreitschule unterstreichen die vorherrschenden Stimmungen. Viel Applaus!

Von Helmut Christian Mayer

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