"Don Camillo & Peppone": Große Gefühle, kleine Melodien
Gott ist allmächtig, aber leider nicht immer da, wenn man ihn braucht. So möchte man ja wie Don Camillo mit vorwurfsvollem Blick auf das Kruzifix fragen: "Wie konntest du nur so viel triviale Musik zulassen?"
Und Jesus würde vermutlich antworten: "Was vielen Ohren schmeichelt, kann nicht des Teufels sein."
Das Kalkül der Vereinigten Bühnen Wien ist nachvollziehbar: Was in St. Gallen ein Erfolg war, sollte, könnte, müsste doch in Wien zum Triumph werden.
Tatsächlich erhielt die koproduzierte, von Andreas Gergen solide inszenierte Musicaladaption von "Don Camillo und Peppone" – nach der Uraufführung in der Schweiz 2016 – bei der Wien-Premiere Freitag im Ronacher herzlichen Schlussapplaus. Der galt vor allem dem als streitbarer Dorfpfarrer rollendeckend besetzten Andreas Lichtenberger und der großartigen Maya Hakvoort, die – von der Maske in eine Greisin verwandelt – mit ihren Erinnerungen durch den Abend führt. Herzig: Ernst Dieter Suttheimer, der als vermeintlich todkranker Nonno beim Anblick der schönen Laura (Femke Soetenga) wieder zum Leben erwacht.
Optisch opulent
"Elisabeth"- und "Rebecca"-Autor Michael Kunze hat Giovannino Guareschis Geschichten über den Kampf eines katholischen Pfarrers und eines kommunistischen Bürgermeisters, einst mit Fernandel ein Kinohit, zum Musical umgeschrieben.
Und weil dieses Genre vom Geschäft mit den großen Gefühlen lebt, musste eine Lovestory her: Jaqueline Reinhold gibt die aufbegehrende Gina, blässlich dagegen Kurosch Abbasi als Dorf-Romeo Mariolino.
Den Ohren wird wenig, den Augen umso mehr geboten: Die Schauplätze wechseln durch von der Decke schwebende Kulissen blitzschnell von der Kirche zum Glockenturm, vom Klassenzimmer auf die Piazza, und über der sitzt das von Koen Schoots geleitete Orchester. Tier-Puppen treten auf. Die Technik lässt es vorne auf der Bühne regnen. Und die auf Hyperaktivität angelegte Choreografie hält das Ensemble fast permanent in Bewegung.
Aber die große Schwäche der Produktion ist die blutleere Allerweltsmusik, von Dario Farina am kleinsten gemeinsamen Nenner der Beliebigkeit angesiedelt.
Da wäre ein Selbst-Zitat von "Felicita" schon hilfreich gewesen. Aber so dominiert der Eindruck: Das hat man schon irgendwo gehört. Bei Rondo Veneziano? Es plätschert dahin, und nach knapp drei Stunden erinnert man sich, was Jérôme Savary einmal sagte: "Alles, was auf der Bühne länger als 90 Minuten dauert, ist ein Fall für Amnesty International."
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