Doku über Wale: „Viel gefährlicher geht es nicht“

Jack Hutton von der Meeresschutz-Organisation Sea Shepherd untersucht einen toten Totoaba, während zwei mexikanische Navy-Offiziere Wache im Hintergrund stehen.
Der österreichische Regisseur Ladkani über Tierschutz, Mafia und Drogenkartelle

Er sieht aus wie Nemo. Mit großen, schwarz umrandeten Augen und einer Stupsnase ist der Vaquita der kleinste Wal der Welt und wird „der Panda der Meere“ genannt. Es gibt weniger als 15 von ihnen, und um ihre komplette Ausrottung zu verhindern, drehte der österreichische Regisseur Richard Ladkani nach „The Ivory Game“ bereits zum zweiten Mal im Auftrag der heimischen Produktionsfirma Terra Mater einen Dokumentarfilm. Für „Sea of Shadows“ konnte auch wieder Leonardo DiCaprio als Executive Producer gewonnen werden. Der Film, der von National Geographic weltweit vertrieben wird, hatte am Donnerstagabend in Los Angeles Premiere.

KURIER: Wie kam es zu „Sea of Shadows“?

Richard Ladkani: Da geht es um das Aussterben des kleinsten Wals der Welt. Aber warum sollten wir uns dafür interessieren, wenn wir ehrlich zugeben müssen, dass wir noch nie von einem Vaquita oder einem Totoaba gehört haben? Warum ist das relevant? Weil es eine unglaubliche Symbolwirkung für unseren Planeten hat. Wenn wir den Vaquita nicht retten, der fünf Autostunden südlich von Los Angeles lebt, wie sollen wir dann Elefanten, Rhinozerosse oder Tiger retten? Je weniger Nashörner es gibt, desto teurer wird das Horn. So ist das bei allen Tieren. Beim Totoaba ist es die Schwimmblase, die die Chinesen wollen, weil sie angeblich die Schwierigkeiten bei Schwangerschaft erleichtert, wofür es keine wissenschaftliche Grundlage gibt.

Hat der Filmemacher heute oft die Aufgabe des Politikers zu übernehmen?

Wir wollen auf Notsituationen aufmerksam machen. Dort hinzuzeigen, wo es Krisen gibt, die niemanden interessieren, weil sie sich alle gerade mit etwas anderem beschäftigen. Unser Film – wenn er genug Aufmerksamkeit erregt – kann bewirken, dass die mexikanische Regierung in Handlungsnot gerät und die Armee hinschickt. Wir wollen sie mit dem Film öffentlich beschämen, dass sie nicht einmal das in den Griff kriegen. Aber es gab schon ein Säbelrasseln, wir zeigten den Film dem US-Senat und der Umweltorganisation der UNO, in New York und demnächst Genf.

Doku über Wale: „Viel gefährlicher geht es nicht“

Bei der Premiere: Film-Star Leonardo DiCaprio, Regisseur Richard Ladkani, Forscherin Jane Goodall, Terra-Mater-Chef  Walter Köhler.

Wenn man sich Ihre Bio ansieht, kommen immer wieder dieselben Themen auf. Gab es dafür einen Auslöser?

Das war vor zehn Jahren, als ich einen Film über Jane Goodall gemacht habe. Dafür bin mit ihr ein Jahr durch die Welt gereist. Sie hat mir eingeimpft, dass man seine Zeit damit verbringen sollte, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Wo sind die Probleme mit unserem Planeten, und wo muss man sich kümmern und intervenieren, denn als Filmemacher hast du eine extrem große Plattform. Du kannst Millionen von Menschen erreichen.

„Sea of Shadows“ war kein ungefährlicher Dreh, oder?

Nein. Wir haben uns mit mexikanischen Drogenkartellen und der chinesischen Mafia angelegt. Viel gefährlicher geht es nicht mehr. Man sieht davon sehr viel im Film.

Gab es hinter den Kulissen etwas, was Sie nicht zeigen konnten?

Es gab Ausschreitungen, weil sich die illegalen Fischer gegen die mexikanische Marine aufgelehnt haben, gegen 30, 40 schwer bewaffnete Soldaten. Diese Situation ist binnen Sekunden außer Kontrolle geraten. Plötzlich flogen Hunderte riesige Steine durch die Luft, es fielen Schüsse, wir wussten nicht, wer schießt, die Kugeln flogen um uns rum und prallten von Häuserwänden ab. Dann kam ein Helikopter runter, der versucht hat, die Menschenmassen zu vertreiben. Und wir waren mittendrin. Wir hatten sechs Bodyguards, aber nicht mal die hatten die Möglichkeit, uns irgendwie zu schützen.

Sind Sie ein Adrenalinjunkie?

Ich weiß nicht, ob ich es brauche, aber ich habe so viele gefährliche Situationen in meinem Leben erlebt, dass meine Hemmschwelle sehr hoch ist. Wir sind 2004 ja auch fast im Tsunami in Thailand gestorben. Das war so extrem, dass dich danach nicht mehr viel beunruhigt. Dann habe ich den Film „The Devil’s Miner“ gemacht, in kleinen Minentunnels, wo kaum Luft war und dauernd gesprengt wurde. Ich war schon als Jugendlicher im Goldenen Dreieck und wollte den damaligen Opiumkönig interviewen.

Info: Die Dokumentation „Sea of Shadows“ soll hierzulande voraussichtlich im Herbst dieses Jahres in die die Kinos kommen.

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