Dieter Meier von Yello ist ein Leben lang Kind geblieben

Dieter Meier von Yello ist ein Leben lang Kind geblieben
Der Yello-Sänger spricht mit dem KURIER über Jesus und Buddha, den großzügigen Vater und das neue Album „Point“

„Es ist vielleicht zynisch, wenn man weiß, welche Probleme andere mit der Situation haben. Aber für mich war der Lockdown eine produktive Entschleunigung.“

Dieter Meier, Sänger von Yello, Konzeptkünstler, Autor, Filmemacher, Fotograf und Unternehmer, der Wein anbaut, Rinder züchtet und Schokolade produziert, fand dieses Frühjahr endlich Zeit, an einem lange geplanten Buch weiterzuarbeiten. „Es heißt ,Die Maske des Erzählers – Geschichten der rasenden Unbedeutung‘“, erklärt der 75-Jährige im KURIER-Interview. „Weil ich sonst viel unterwegs bin, habe ich für so etwas keine Geduld.“

Die kurzen Texte des eben erschienenen Albums „Point“ hat Meier schon vor Corona geschrieben. Weshalb er sich jetzt nicht mehr an die Inhalte erinnern kann, die er den Yello-typischen Sounds gegeben hat, die hier mit Jazz, dort mit Latin-Rhythmen und dazwischen mit Filmmusik-Flair versetzt sind. „Ich bin jemand, der nie zurückschaut. Genauso wie mir diese Texte zufliegen, verfliegen sie auch schnell wieder.“

Gut erinnern kann er sich nur daran, dass er in den großartigen Ambient-Song „Siren Singing“ das buddhistische Mantra „Om Mani Peme Hum“ eingebaut hat.

Yello perform at the IFA in Berlin

„Das ist eine der wenigen Religionen, die die Leute zu sich selbst führt. Sonst sind die ja üble Korsagen, die als Rechtfertigung für die größten Schweinereien und Quälereien, die die Welt erlebt hat, genommen wurden. Es wurden mit dem Kreuz Kontinente erobert. So etwas hat der Buddhismus nicht gemacht. Das ist keine Religion der Unterdrückung, die Leute in ein System bugsiert. Deshalb kann ich damit noch am ehesten etwas anfangen.“

Generell bleibt Meier auf „Point“ dem minimalistischen Lyrikstil treu, den er mit Hits wie „Oh Yeah“, „The Race“ und „Bostich“ etabliert hat. Wobei es für ihn selbst immer wieder überraschend ist, wohin ihn der „Klang-Urwald“ von Partner Boris Blank führt.

Die Zusammenarbeit der beiden hat sich seit der Bandgründung 1984 nicht verändert: Der 68-jährige Soundtüftler Blank erarbeitet alleine im Studio die Musik. Erst wenn die fertig ist, darf Meier dazukommen, hört die Tracks auf Endlosschleife, wartet, welche Bilder dabei in ihm entstehen und tippt dann die Texte – auch heute noch in eine Schreibmaschine. Denn die gab ihm, als er einst als Künstler begann, das Gefühl „doch noch etwas zustande zu bringen“. Damals war Meier nämlich das, was man einen Taugenichts nannte.

„Die Aufforderung ,Werdet wie die Kinder‘, die Jesus im Neuen Testament in den Mund gelegt wird, nehme ich sehr ernst“, erklärt er. „Ich werde wohl immer versuchen, das Kind in mir zu erwecken. Und damals hatte ich das Glück, dass mein Vater, der ein wohlhabender Bankier war, unendlich großzügig war und mich in Ruhe gelassen hat, als ich vorgegeben habe Jura zu studieren, aber ein professioneller Pokerspieler wurde und eigenartige Straßenaktionen veranstaltet habe. Meine Eltern haben recht gelassen zugesehen, was Dieterchen da so macht. Es war aber schon eine große Erleichterung für sie, als ich in sehr jungen Jahren bei der Documenta und in großen Museen ausstellen konnte. Da wussten sie, dass ich in meinem Fach doch nicht so verrückt bin.“

Sobald das Coronavirus es erlaubt, wollten Yello, die erst 2017 das erste Mal auf Tour waren, wieder live spielen. „Boris wollte das früher nie, hat aber jetzt seinen Spaß daran entdeckt. Also werden wir das sicher wieder machen. Wir sind ja noch jung!“

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