"Die Wahrheit ist zumutbar"
So viel Glück auf einmal gibt’s selten: Zuerst hatte der Wiener Architekt Johannes Baar-Baarenfels zwei Connaisseure als Auftraggeber für die Neugestaltung des Palais Rasumofsky. Die wurde dann 2013 beim World Architecture Festival in Singapur in der Kategorie "Neu und Alt" ausgezeichnet.
Weil es den Spagat zwischen einem 1806 errichteten Baujuwel unter Denkmalschutz und zeitgemäßer Architektur auf dem neuesten Stand der Technik elegant bewältigt.
Das Gebäude, für den russischen Diplomaten, Musikmäzen und Kunstsammler Fürst Andrei Kirillowitsch Rasumofsky erbaut, gilt als bedeutendstes Empire-Palais Wiens. Im Zweiten Weltkrieg wurde es beschädigt und nur provisorisch wiederhergestellt. Über Jahrzehnte war es Sitz der Geologischen Bundesanstalt.
Für Baar-Baarenfels ist die nach dreijährigen Verhandlungen mit dem Denkmalamt erarbeitete Lösung "ein Understatement zeitloser Architektur". Die Originalsubstanz wurde restauratorisch top hergerichtet, alles andere, etwa spätere Einbauten, "wie beim Chirurgen entfernt und durch modernste Materialien und zeitgenössische Bautechniken in bester Qualität ersetzt. Wir haben durch eine Stahlleichtbau-Konstruktion die Erdbebensicherheit verzehnfacht."
Das Dazustellen ist auch ein Gegenüberstellen. "Was das monumentale klassische Empire in seiner Dekoration ausmacht, wird in einer streng und konsequent modernistischen Haltung gestalteten konstruktiven Elementen gegenübergestellt."
Diskrete Intervention
Wo ist dabei die Architektur von heute? Im Sichtbar-Machen der Konstruktion, in der Auflösung der Form etwa durch Sonnenschutz-Lamellen, die eine Penthouse-Wohnung unter dem neuen Aluminium-Dach diskret abschirmen, dem neuen Portal gartenseitig zur knapp sechs Meter hohen Galerie im Erdgeschoß und einer Stahlbetontreppe, die sich auf das Allernötigste beschränkt.
Das Projekt wende sich bewusst gegen eine postmodernistische Haltung, "bei der die Historie eigentlich weichgespült und massentauglich aufbereitet wird", so Baar-Baarenfels im KURIER-Gespräch. "Ich glaube, man muss die Menschen fordern. Man hat eine Verantwortung. Wahrheit ist zumutbar. Und zur Wahrheit gehört auch Authentizität."
Man müsse einfach das Umfeld erst nehmen, fordert der Architekt, der derzeit u. a. einen Shop in St. Petersburg und eine Villa am Sunset Beach in Kapstadt gestaltet.
Und bei der Biennale sein Credo in vier Sprachen affichieren lässt: "Architektur ist Resonanz." Denn: Was wir bauen, prägt uns.
www.baar-baarenfels.com
www.worldarchitecturefestival.com
www.labiennale.at
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