Der Voyeur kommt und geht

Erstmals auf Deutsch: „Observer“-Kolumnist Phil Hogan
Der Fernsehkritiker des "Observer" kann sehr böse werden.

Phil Hogan schreibt seit 25 Jahren für den Observer, seit einiger Zeit auch TV-Kritiken, und wenn die Royals einen Fernsehauftritt haben, ist es schon passiert, dass Hogan über das schlechte Programm spöttelt.

Es heißt, Prinz Charles habe deshalb im Parlament Lobbying betrieben, damit der Kolumnist auf eine Wüsteninsel verbannt wird.

Phil Hogan würde ein Kreuzworträtsel aus der Times mitnehmen; und seine Gitarre.

Schreiben will er dann nichts mehr. Vier Bücher hat der 58-Jährige schon geschrieben, und diese Woche erscheint sein erster Roman in deutscher Übersetzung.

Für "Die seltsame Berufung des Mr. Heming" ist es einfach, Werbung zu machen: "Wenn Sie ein Haus kaufen – tauschen Sie unbedingt die Schlösser aus!"

Mr. Heming hat in der englischen Kleinstadt, in der er lebt, Hunderte Häuser verkauft. Er ist Immobilienmakler. Und hat sich alle Schlüssel nachmachen lassen, damit er sich in fremde Kästen stellen bzw. auf Dachböden (mit Matratze) einnisten kann.

Das ist sein Hobby.

Ein "obsessiv betriebener Sport".

Er kommt und geht in die Häuser, wann immer es ihm passt. Man merkt nicht, dass er zusieht, zuhört.

Dem Voyeur geht es nicht darum, jemanden nackt zu sehen. Er masturbiert freundlicherweise nicht in fremde Kleider. Er ist völlig dicht, sozusagen.

Manchmal nimmt Mr. Heming eine Socke mit, bloß als Andenken. Und manchmal genehmigt er sich, sozusagen auswärts, eine Schale Kaffee und ein Stück Pudding.

Wichtig aber ist ihm vor allem, er kann andere Leben mitverfolgen und sich gelegentlich einmischen. Er ist also nicht ganz ganz böse.

Allerdings ist er selbst es, der alles erzählt. Da klingt es viel netter. Da klingt auch er selbst nett.

Aufreißen

Der Voyeur kommt und geht
Phil Hogan
Das ist das besonders Schöne am Autor Phil Hogan: Er bringt uns ein bissl Lachen über kindische Streiche, die der Makler seinen angeberischen Zeitgenossen spielt – etwa, indem er sich deren Kreditkarten kurz ausborgt und einer Baufirma dann den Auftrag gibt, die gepflasterte Garageneinfahrt aufzureißen und zu teeren.

Und doch ist der Roman nicht bloßer Spaß, sondern ein Thriller mit mehreren Toten. Mitunter wird man an die makaberen Überraschungen des Schriftstellers Roald Dahl erinnert:

Wenn Mr. Heming in die Wohnung eines fiesen Bürokollegen schleicht und dort den Inhalt des Eiskastens ein wenig umgestaltet ... wenn er es derart einrichtet, dass im oberen Fach der rosa Fleischsaft eines Salmonellenhendls ins untere Fach mit den Resten eines fertigen Nudelsalats tropft ...

Prinz Charles hat nicht so Unrecht: Was Phil Hogan schreibt, das kann zumindest ziemlich verletzend sein.

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