Die Sammlung Mautner: Geraubt, restituiert – und dem Museum geschenkt
Eine Sanierung des Palais Schönborn in der Laudongasse wäre seit vielen Jahren dringend erforderlich. Die Stadt Wien als Eigentümerin der Immobilie sträubte sich aber, auch nur einen Cent zu investieren. Denn sie hatte das Gebäude dem Volkskundemuseum unentgeltlich zur Nutzung überlassen. Dem darbenden Verein jedoch fehlten die notwendigen Mittel. Und so verkam das Palais immer mehr.
2022 sprangen Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer bzw. die EU als Retterinnen ein: Aus dem Resilienzfonds stehen nun 25 Millionen Euro für die Renovierung zur Verfügung, im Gegenzug akzeptierte die Stadt einen neuen Fruchtgenussvertrag. Demnach darf die Institution, unter Direktor Matthias Beitl zu einem hippen wie queeren Stadtmuseum avanciert, das Palais bis Ende 2081 nutzen.
Die Umbauarbeiten sollen von Herbst 2024 bis Mitte 2027 dauern. Der Auszug aber beginnt bereits Ende November. Und so wurde kürzlich die vorerst letzte Ausstellung eröffnet. Sie widmet sich der erstaunlichen Sammlung der jüdischen Industriellenfamilie Mautner, die dem Museum von Anbeginn (1917) bis zur NS-Zeit verbunden war. Die Schützenscheiben, Haubenstöcke, Pfeifenköpfe, Trachtenabbildungen, Stoffmuster und so weiter würden aber wohl kaum gesteigertes Interesse hervorrufen. Und so erzählt man die Geschichte der Sammlung wie der Familie über einen Umweg: über den NS-Kulturgüterraub und die in der Zweiten Republik zunächst nur zögerlich gehandhabte Restitution.
Der Zeitpunkt für die hoch informative Ausstellung „Gesammelt um jeden Preis!“ ist gut gewählt. Denn 1998 wurde das Kunstrückgabegesetz beschlossen, das trotz einiger Mängel – die Republik entscheidet nach eigenem Ermessen, es gibt weder ein Anhörungs-, noch ein Einspruchsrecht – Vorbildcharakter hat. Eine solche faktenbasierte Schau anlässlich des 25-Jahr-Jubiläums wäre eigentlich einer Bundeseinrichtung gut angestanden. Zumal das Rückgabegesetz nur für die Bundesmuseen Gültigkeit hat. Das Volkskundemuseum unterwarf sich 2014 freiwillig den Richtlinien: Es erforscht seither die Provenienzen, erstellt Dossiers und übermittelt sie dem Rückgabebeirat. In sieben von den bis jetzt elf behandelten Fällen empfahl dieser eine Restitution.
Kathrin Pallestrang, Magdalena Puchberger und Maria Raid legen also dar, „warum Objekte durch den Nationalsozialismus ins Museum kamen und wie wir damit umgehen“ (so der Untertitel). In der von Michael Zinganel und Michael Hieslmair zweckmäßig gezimmerten Ausstellungsarchitektur nehmen sie ein paar Umwege, um alle Facetten darzustellen. Zu sehen sind auch Bücher, die entzogen wurden, aber aufgrund fehlender Hinweise nicht ausgefolgt werden können.
Von den bis dato 600 restituierten Objekten stammen 500 aus der Sammlung von Konrad und Anna Mautner, die ins Salzkammergut vernarrt gewesen waren und eine Villa am Grundlsee hatten. Nach der Übergabe schenkten die Erben die Gegenstände dem Volkskundemuseum – angetan von dessen proaktivem Umgang. Anna Mautners große Trachtensammlung befindet sich weiterhin im Kammerhof Museum von Bad Aussee; dort scheint man von einer gütlichen Einigung nichts wissen zu wollen. Bis 26. November
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