Die Rebellion fängt bei Bulgogi an

Han Kang gewann den Booker-Prize
"Die Vegetarierin": Verstörendes aus Südkorea von Han Kang

Der Roman "Die Vegetarierin" von der 45-jährigen südkoreanischen Dichterin Han Kang wurde heuer in London mit dem International Booker Prize ausgezeichnet.

Das geht sehr in Ordnung.

Im Mittelpunkt:

Eine durchschnittliche Frau (wie ihr Ehemann gern betont hat, die Durchschnittlichkeit war ihm sehr wichtig, weil er selbst unterdurchschnittlich ist), die in den ersten Ehejahren bestenfalls dadurch auffiel:

Sie trug keinen BH.

Wo soll das enden?

Der Roman ist noch viel verstörender. Im Ernst: Er ist verstörender als es die besseren Romane von Haruki Murakami sind. Und melodiöser. Er ist grausam, blutig, denn für Südkorea (nicht nur für Südkorea) geschieht Unvorstellbares.

Dort hat man kein Vegetarier zu sein.Und eine VegetarierIN schon gar nicht. Das wäre subversiv.

Man hat Bulgogi zu essen.

Und als (Haus-)Frau hat man Bulgogi zuzubereiten.

Pflanze sein

Verkündet man eines Morgens, ab sofort kein Fleisch zu essen, weil man im Traum sein Spiegelbild im Blut eines geschlachteten Viehs gesehen habe, so kommt das einer Rebellion gleich.

Einer Rebellion, die im Fall von Frau Yeong-hye nicht mit der Faust auf dem Tisch vorgetragen werden kann. Sondern leise in ihren Körper stattfindet ... der hart daran arbeitet, überhaupt keine Nahrung mehr zu brauchen, weil er Pflanze sein will.

Baum.

Soll keiner sagen können, er habe nicht gewusst, worauf er sich da einlässt.

Das Fremde wird abwechselnd vom Ehemann, vom Schwager und der Schwester der Frau Yeong-hye erzählt. Sie selbst redet ja kaum etwas. Pflanzen sind recht still.

Han Kang tischt in ihrem ersten übersetzten Roman noch viel mehr auf, Scham und Begierde, Macht und Besessenheit ...

"Die Vegetarierin" schockiert Leser, die an Diät gewöhnt sind.


Han Kang:
„Die Vegetarierin“
Übersetzt von Ki-Hyang Lee.
Aufbau Verlag. 190 Seiten. 19,50 Euro.

KURIER-Wertung: **** und ein halber Stern

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