"Die Meistersinger" - im Smoking auf der Salzburger Festwiese

Zumindest eine musikalisch festspielwürdige Produktion: Richard Wagners „Die Meistersinger“ im Großen Festspielhaus von Salzburg
Osterfestspiele: „Die Meistersinger von Nürnberg“ – in der Tat meisterlich von Christian Thielemann dirigiert.

Der Auftrittsapplaus für Dirigenten und Orchester steigert sich von Akt zu Akt und erreicht zum Schluss regelrecht stürmische Ausmaße. So geschehen bei den Salzburger Osterfestspielen im Großen Festspielhaus bei Richard Wagners „Die Meistersinger von Nürnberg“, einer Koproduktion mit der Semperoper Dresden und dem New National Theatre in Tokio. Und zu Recht, denn es ist faszinierend, mit welcher Klangästhetik, mit welchem Kosmos an Schattierungen und Farben, mit welcher Eleganz, trotz fallweiser breiter Tempi, das meisterliche Werk von der Sächsischen Staatskapelle Dresden unter dem manchmal nur noch mit minimalistischen Gesten agierenden Christian Thielemann interpretiert wird.

Dieser gilt aber auch als absoluter Spezialist für das Werk (sein Lieblingswerk) des Bayreuther Meisters. Und er weiß dabei auch, die Sänger rücksichtsvoll durch den langen Abend zu tragen. Diese sind beinahe allesamt erste Sahne: Georg Zeppenfeld singt den intellektuell gezeichneten Sachs zum ersten Mal, voller Selbstzweifel mit exzellenter Phrasierung, unerschöpflicher Energie und großer Wortdeutlichkeit.

Subtile Charakterstudie

Klaus Florian Vogt gibt wieder einmal den Walter Stolzing, mit seiner ihm eigenen, fast unwirklichen Knabenstimme mit herrlicher Höhe und gefällt besonders mit der „Selige Morgentraum-Deutweise“. Eine subtile Charakterstudie par excellence und Glanzleistung in stimmlicher und darstellerischer Hinsicht ist jene von Adrian Eröd als ungeliebter Kritiker Sixtus Beckmesser mit blauem Auge nach der Prügelszene. Sebastian Kohlhepp ist ein kecker David. Edel ist der Gesang von Vitalij Kowaljow als Meister Pogner und Levente Páll als Kothner. Jacquelyn Wagner ist eine selbstbewusste Eva, die vor allem bei den lyrischen Phasen gefällt, weniger hörbar ist ihre Mittellage im dramatischen Bereich. Der Staatsopernchor Dresden verstärkt durch den Bachchor Salzburg beeindruckt durch Stimmgewalt und Homogenität.

Als Theater im Theater hat Jens-Daniel Herzog, derzeitiger Intendant in Nürnberg – er wurde mit selbigem Werk in Mannheim im Museum spielend ausgebuht –, Wagners einzige komische Oper inszeniert. Nicht besonders originell und etwas beliebig. Und so sieht man schöne Logen mit Zitaten aus der Semper-Oper, eine Drehbühne mit Vorhang, eine Hinterbühne, ein mit Büchern vollgestopftes Intendantenbüro, wo Sachs als solcher residiert, und Maskenkojen im zweiten Stock, wo auch immer wieder Parallelhandlungen stattfinden, sowie dann doch eine Schusterwerkstatt (Bühne: Mathis Neidhardt).

Das Volk und die Meister treten in heutigen Gewändern, Letztere auf der Festwiese mit Smoking, auf. Wie wohl vieles fein herausgearbeitet und optisch opulent in Szene gesetzt wird, fehlt eine fesselnde oder politische Deutung, und das „Theater im Theater“-Setting geht nicht auf bzw. ist oft unvereinbar mit Wagners Text und schafft besonders im zweiten Akt Verwirrung. Fazit: Eine musikalisch festspielwürdige Produktion! Riesiger Jubel – und ein paar Buhs für das Regieteam.

Es folgt „Don Carlo“

Zu Ostern 2020 wird „Don Carlo“ von Giuseppe Verdi zu sehen sein – mit Ildar Abdrazakov als Philipp und Yusif Eyvazov als Don Carlo. Quasi als erster Akt ist ein zwölf-minütiges Vorspiel des Komponisten Manfred Trojahn vorgesehen. Regie führt Vera Nemirova, die bereits 2017 „Die Walküre“ in Salzburg inszeniert hat. Helmut Christian Mayer

 

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