Die Liebe der Stars unterm Hakenkreuz
Goebbels hat einer Jüdin die Hand geküsst. Irrtümlich. Es war Meta Wolff, Ehefrau des Schauspielers Joachim Gottschalk, der ein Filmstar war und den heute niemand mehr kennt.
Es kennt ihn auch deshalb niemand, weil er nach dem Handkuss und Goebbels’ Drohung, er müsse sich schnell scheiden lassen, Selbstmord begangen hat. Gemeinsam mit Frau und Sohn.
Der Propagandaminister selbst wies daraufhin alle Ufa-Schauspieler an, dem Begräbnis fern zu bleiben. Brigitte Horney, Gustav Knuth, René Deltgen ... kamen trotzdem und ließen sich von der
Gestapo fotografieren. Es passierte ihnen nichts.
Auch Gottschalks Bruder Otto, SS-Obersturmbannführer, erwies den Toten die letzte Ehre; und wurde prompt aus der Partei ausgeschlossen.
Brauner Karren
„Mag’s im Himmel sein, mag’s beim Teufel sein“ heißt das Buch der Klagenfurter Autorin Evelyn Steinthaler (Foto unten). Eine Liedzeile aus dem Hans Albers-Hit „Goodbye Johnny“.
Untertitel des Buchs: „Stars und die Liebe unterm Hakenkreuz“.
Liebe, die von den Nazis verboten wurde.
Der jüdische Komponist Kurt Weill und die Schauspielerin Lotte Lenya,
Hans Albers und Hansi Burg; Heinz Rühmann und Maria Bernheim und Hertha Feiler ... Steinthaler sagt zum KURIER:
„Bei den Recherchen wurde mir sehr bald klar, dass diese Paare allesamt ,Role Models des Überlebens‘ waren. Oder besser: Muster für den Versuch zu überleben. In allem, was sie getan und unterlassen haben, glichen sie Millionen von Menschen in Deutschland und Österreich. Bei den im Buch Porträtierten strahlte dabei noch das grelle Scheinwerferlicht. Und diejenigen, die sich gegen das Regime engagierten, waren nicht die Mehrheit.“
Weill und Lenya gingen nach Amerika und traten dort gegen Hitlers Verbrecherregime auf.
Heinz Rühmann blieb und machte für die Karriere sehr, sehr viel. Er besuchte Goebbels regelmäßig zum Tee und drehte einen Film von ihm beim Spielen mit den Kindern. Von der ersten jüdischen Ehefrau ließ er sich scheiden, sorgte aber für ihre Sicherheit. Dass die zweite Ehefrau, der Nazi-Diktion nach, „Vierteljüdin“ war, wurde angesichts Rühmanns Bereitschaft, sich vor den braunen Karren spannen zu lassen,übersehen.
Von Hans Albers war
Evelyn Steinthaler angenehm überrascht: Der Hamburger protestierte, indem er allen Propagandaveranstaltungen fernblieb.
Seine jüdische Lebensgefährtin verheiratete er zu ihrem Schutz mit einem Norweger, Hansi Burg wohnte aber weiterhin bei Hans Albers. So machte sich der melancholische, alkoholkranke Superstar über die herrschende Elite lustig.
Evelyn
Steinthaler:
„Mag’s im Himmel sein, mag’s beim Teufel sein“
Verlag
Kremayr & Scheriau.
192 Seiten.
22 Euro.
KURIER-Wertung: ****
Evelyn Steinthaler schrieb auch eine Biografie des von den Nazis verfolgten Tenors Richard Tauber: "Morgen muss ich fort von hier", erschienen im Milena Verlag, 23 Euro.
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