"Die Arbeitersaga": Sozialdemokratische Schussfahrt
Peter Turrini und Rudi Palla hatten sich vorgenommen, die Erfolgsgeschichte der Sozialdemokratie von 1945 an in einer Fernsehserie nachzuerzählen. Doch im Endeffekt wurde „Die Arbeitersaga“, in vier Teilen von 1985 bis 1991 für den ORF entstanden, zu einem Abgesang. Dabei mussten die Autoren gar nicht einmal groß übertreiben: Sie verarbeiteten zum Beispiel nur den Noricum-Skandal.
Ali M. Abdullah und Harald Posch, die Leiter des Werk X in Meidling, beauftragten vier Regisseure, je einen Teil für die Bühne zu bearbeiten. Die Premiere der ersten Double-Feature-Show fand Mitte Dezember statt: Die Interpretationen von Kurt Palm und Helmut Köpping stellten sich als beinharte Reflexionen über die gegenwärtige Verfasstheit der SPÖ heraus.
Die Teile 3 und 4, derzeit zu sehen, toppten die Befunde sogar noch. Zumal die mit Sarkasmus garnierte Manöverkritik auch mit emphatisch vorgetragenen Lösungsvorschlägen ergänzt wird.
Formal überzeugte zunächst die auf 50 Minuten verdichtete Dramatisierung der Folge „Müllomania“: Martina Gredler wählte für den Plot, der sich an den Ereignissen rund um das Wiener Rinter-Müllzelt orientiert, eine bizarre, beißende Clownerie, dargebracht von fünf Frauen, die mit großem Eifer männliche Machtposen karikieren.
Bettina Schwarz führt als Joker-artiger Conférencier im Dompteur-Kostüm durch die Show und brilliert nebenbei als Johanna Dohnal, die den Rudi Blaha (die einzige durchgehende Figur) gehörig den Hintern versohlt. Jana Schulz am Akkordeon untermalt mit dunkler Stimme und kraftvollen Songs die Pantomime-Einlagen auf dem raffinierten Bühnenpodest.
"Schlecht g'waxelt"
Fast nahtlos geht der zweistündige Abend in Teil 4 über: Aus dem stilisierten Zelt samt Mauervorsprüngen des Karl-Marx-Hofes (von Thea Hoffmann-Axthelm) wird eine Skipiste, auf der Bernd Liepold Mosser SPÖ-Wintersportler durchchoreografiert talwärts rasen lässt. In breitem Kärntnerisch folgt die Analyse: „Do hot’s uns nach rechts druckt – üba die blaue Linie.“ Und man hat eine Erklärung parat für das schlechte Abschneiden: Das Material war schuld. Aber zum Trost: „Auch die Blauen haben schlecht g’waxelt.“
Die eigentliche Waffenschieber-Geschichte wird nur gestreift: Mosser sucht nach den wahren Gründen. Einen davon serviert das Ensemble, begleitet von „Holy Marx“ Oliver Welter (Naked Lunch) an der Gitarre, als pervertierten Protestsong: „Wir nehmen uns, was uns zusteht – und am Ende noch viel mehr.“
Stürmischer Applaus.
Kommentare