Die 100 Mächtigsten der Kunst: #MeToo belegt Stockerlplatz

Die 100 Mächtigsten der Kunst: #MeToo belegt Stockerlplatz
Das jährliche Power-Ranking des Magazins "Art Review" schreibt jenen Macht zu, die Machtstrukturen kritisieren

Es ist meist bloß ein Spiel der Eitelkeiten, das dem Magazin "ArtReview" alljährlich hohe Aufmerksamkeit beschert: Das von einem Experten-Panel zusammengestellte "Power 100" - Ranking will die einflussreichsten Persönlichkeiten der Kunstwelt ermitteln.

Heuer sind es aber nicht bloß Persönlichkeiten, denn auf Platz 3 findet sich als Neueinstieg die #MeToo-Bewegung, in dessen Fahrwasser auch der Missbrauch von Macht in der Kunstwelt zum Thema wurde: Der Co-Herausgeber des Magazins Artforum, Knight Landesman, wurde mit Missbrauchsvorwürfen konfrontiert, unter dem Titel "We Are Not Surprised" ("Wir sind nicht überrascht") formierte sich eine Welle der Auflehnung gegen diskriminierende Strukturen.

"#MeToo veränderte das Klima, in dem Kuratoren ausgewählt, Preise verliehen und Ausstellungen konzipiert werden", heißt es in der Erklärung der Jury, die damit auch gegenüber dem Ranking, dass ja selbst Macht und Einfluss auf ein Podest hebt, selbstkritisch Stellung bezieht: "#MeToo ist Vorreiter eines Modells, in dem Macht von jenen kontrolliert wird, die davon ausgeschlossen sind".

Die 100 Mächtigsten der Kunst: #MeToo belegt Stockerlplatz

Ein Bild von Kerry James Marshall hing zuletzt in der Schau "Shape of Time" neben Tintoretto im Wiener KHM.

Ansonsten listet das Magazin aber wie immer jene auf, die im System von Macht und Einfluss "in" sind: Platz eins belegt der international erfolgreiche Galerist David Zwirner, der u.a. auch (vorbehaltlich noch laufender Gerichtsverfahren) das Werk des österreichischen Künstlers Franz West international vertritt. Auf Platz 2 liegt der - auch von Zwirner vertretene -  Maler Kerry James Marshall, der zuletzt durch Ausstellungen und Rekordpreise zu einem Inbegriff für die verspätete Inklusion afroamerikanischer Künstlerinnen und Künstler in den Kanon der Kunstgeschichte wurde.

Auch die Medienkünstlerin Hito Steyerl (#4) und Politkünstler Ai Weiwei (#5) sind in den Top Ten vertreten - ansonsten finden sich Kunstschaffende in der Liste aber deutlich seltener als Kuratoren/Museumschefs (37 Einträge) und Galeristen (26 Einträge). Gerade in der ersten Sektion ist ein deutlicher Hang dazu zu bemerken, nicht-westlichen Ländern zunehmenden Einfluss zuzugestehen - so finden sich der afrikanische Kurator Simon Njami (#65), die post-koloniale Theoretikerin Gayatri Spivak (#42) und der chinesische Künstler Cao Fei (#41) unter den Neuzugängen. Aktivismus wird auch im Fall der Fotografin Nan Goldin (Neueinstieg auf #18) belohnt - sie machte auf Basis ihrer eigenen Opiat-Sucht gegen die Familie Sackler, die mit ihren Gewinnen aus der Pharmabranche zahlreiche US-Kulturstätten sponsert, mobil.

Der einzige Österreicher im Ranking ist - wieder einmal - der Galerist Thaddaeus Ropac, der von Platz 65 auf Platz 62 vorrückte. Mit Galerien in Salzburg, Paris und seit 2017 auch London gehört er zu den internationalen Playern im Kunstbetrieb.

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