Deutscher Buchpreis - die Qual der Wahl

Deutscher Buchpreis - die Qual der Wahl
Die nächste Ehrung steht bevor. Diesmal in Frankfurt. Und diesmal hat eine Österreicherin gute Chancen: Marlene Streeruwitz mit ihrer "Schmerzmacherin".

Beim Deutschen Buchpreis, der am Montagabend zum Auftakt der Buchmesse in Frankfurt vergeben wird, sollte klappen, was beim heurigen Nobelpreis (für den Lyriker Tomas Tranströmer) höchstwahrscheinlich nicht so ganz gelingen wird: Dass viele Leser in den Buchhandlungen zuschlagen, wie man so sagt. Unter den sechs Finalisten - es geht auch um 25.000 Euro - sind fünf Deutsche und eine Österreicherin: Marlene Streeruwitz, geboren 1950 in Baden bei Wien. Sie hat (beste) Außenseiterchancen. Der KURIER stellt kurz die Bücher vor.

"Gegen die Welt" ist - vielleicht - Favorit. Das Debüt des 37-jährigen Jan Brandt. Ein norddeutsches Dorf in den 1980er-, 90er-Jahren sieht sich bedroht. Einerseits durch Tschernobyl, andererseits - durchaus ebenso gefährlich - durch eine "Schlecker"-Filiale in der Nähe. Das Einzige, das gegen den Roman (DuMont, 23,70 Euro) spricht, sind 927 Seiten. So etwas macht man einfach nicht. Brandt schrieb neun Jahre daran.

"Blumenberg" ist ein Suhrkamp-Buch um 22,60 Euro. Sibylle Lewitscharoff - 57 Jahre alt, elf Literaturpreise! - zeigt den 1996 verstorbenen Philosophen, der viel über die Kraft der Bilder nachdachte - plötzlich steht sein liebstes Bild im Arbeitszimmer: ein Löwe, mit dem er sich arrangiert. Jeder braucht einen Löwen.

"In Zeiten des abnehmenden Lichts" (Rowohlt, 20,60 Euro) folgt einer DDR-Familie ab 1952, bis die politische Utopie keine Strahlkraft mehr hat. Ein Verfall über drei Generationen mit komischen Seiten. Autor Eugen Ruge, 57, ist studierter Mathematiker.
"Wunsiedel" (Wunderhorn, 19,50 Euro) ist die leichteste Kost. Die Erinnerung des 72-jährigen Michael Buselmeier an den Sommer 1964, als er Theater spielte. "Götz von Berlichingen" wurde geprobt. Die Schauspielerei verging ihm gehörig. Er wurde daraufhin Schriftsteller. Da wird einem weniger dreingeredet.

"Das Mädchen" von Angelika Klüssendorf rekonstruiert langsam und sachlich, wie sich ein Kind in der DDR entwickelte, das keine Liebe kannte, keine Vertrautheit (Kiepenheuer & Witsch, 19,60 Euro).

"Die Schmerzmacherin" von Marlene Streeruwitz, bei S. Fischer erschienen (20,60 Euro), löst Ängste aus. Wie berichtet, lässt sich eine junge Frau, eine fast schon Verlorene, in einer internationalen Sicherheitsfirma ausbilden. Auch im Foltern. Aber sie selbst ist ständig in Gefahr. Man kann im Roman viel Bedrohliches sehen, Söldner genauso wie das privates Unheil und Firmen, die sich ins Leben der Mitarbeiter drängen. Streeruwitz bleibt geheimnisvoll und zieht mit ihrer beeindruckend knappen Sprache alle (noch mehr) ins Ungewisse.

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