Der Widerspenstigen Zähmung mit patriarchaler Güte wie Strenge

Mein Vater, mein Herr: Peter Simonischek und Aenne Schwarz, die sich als Zarina nicht immer fügen will.
Herzzerreißende Familiengeschichte im Akademietheater: Ayad Akhtars Komödie „The Who and the What“.

Ayad Akhtar, 1970 als Sohn pakistanischer Einwanderer in Milwaukee aufgewachsen, bleibt auch in seiner Komödie „The Who and the What“ den ihm bekannten Lebenswelten wie Themen treu.

Afzal, aus Pakistan zugezogen, hat sich in Atlanta zum erfolgreichen Taxiunternehmer hinaufgearbeitet. Seit dem Tod seiner Frau kümmert er sich mit patriarchaler Güte wie Strenge um die beiden erwachsenen Töchter. Die ergebene und gefällige Mahwish, seit ewig mit einem Moslem verheiratet, macht ihm weniger Sorgen.

Doch die hoch intelligente Zarina ist, seiner Meinung nach, eine Widerspenstige, die, wie schon zu Shakespeares Zeiten, gezähmt werden soll. Und flugs befinden wir uns im Akademietheater, wo am Sonntag die Erstaufführung stattfand, in einer herzzerreißenden König-Drosselbart-Variation.

Die Beziehung zu Ryan hatte Afzal brutal unterbunden, da der Christ nicht zum Islam konvertieren wollte. Nun macht er sich auf die Suche nach einem passenden Mann – und datet Kandidaten über einen von ihm im Namen der Tochter installierten Account auf muslimlove.com. Das geht sogar gut. Auch deshalb, weil Eli, der Auserwählte, und Zarina einander schon flüchtig kannten.

Doch der junge Imam, ein Konvertit, weigert sich, Zarina zu „brechen“, wie ihm der Schwiegervater nahelegt. Der „Gutmensch“, die Werte der westlichen Welt verkörpernd, begegnet seiner Frau nicht nur auf Augenhöhe, er unterstützt sie auch moralisch bei ihrer Arbeit an einem Roman mit dem Titel „The Who and the What“, in dem Zarina sich fragend mit dem Propheten Mohammed als Mensch, mit der Überlieferung und dem Frauenbild im Islam auseinandersetzt.

Neutrale Ebene

Felix Prader, erprobt an Rezas „Kunst“ wie an Bahrs „Das Konzert“, arbeitet jede Pointe heraus. Und mit Ausstatterin Anja Furthmann hebt er das Stück auf eine allgemeingültige, neutrale Ebene. Ein riesiger Gebetsteppich im Hintergrund ist Folklore genug; fünf Sessel aus hellem Holz reichen als Requisiten.

Irina Sulaver imponiert als lebenslustige Mahwish, Aenne Schwarz unterwirft als Zarina die großen Gefühle dem Intellekt. Im Zentrum aber steht Peter Simonischek: Sein Afzal biedert sich nicht Toni-Erdmann-mäßig an, er verkörpert ganz einfach mit seiner Statur das Gesetz der konservativen Familie. Und er demütigt nebenbei den um einen Kopf kleineren Eli.

Später wird der Vater seiner Tochter Zarina abverlangen, das angeblich blasphemische Manuskript zu vernichten. Da wächst Eli über sich hinaus, Philipp Hauß beeindruckt mit einer unglaublichen Eruption. Afzal verstößt daraufhin die Tochter: Er schleudert ihr Porträt zu Boden, das Glas zerbricht.

Doch bereits „Geächtet“ war tragisch ausgegangen. Und so wendet Akhtar das Stück ins echt kitschig Positive: Ein Vogel namens Kentuckywaldsänger wird Afzal die Augen öffnen. Selbst der Autor war von der heftig umjubelten Premiere gerührt.

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