"Der Schwierige" in der Josefstadt: Sanft heiter, fast museal
Manchmal führt der erste Eindruck über die Erwartung geradewegs in die Enttäuschung. So suggeriert die Optik einer hell ausgeleuchteten, fast leeren Bühne bei Hofmannsthals "Der Schwierige" im Theater in der Josefstadt: Die Charakterstudie einer Aristokratie an der Kippe zur Selbstauflösung wird hier – entstaubt – eine moderne Deutung erfahren.
Aber zu früh gefreut.
Aufgeführt wird eine sehr konventionelle, seltsam uninspirierte Regiearbeit von Janusz Kica, die sich nicht entscheiden kann: Die einen spielen ihre Rollen als Parodie in der Gesellschaft der Hoch- und Höchstgeborenen, der Exzellenzen, von Erlaucht und Durchlaucht.
Da wird Ulli Maier als exaltierte Crescence zum Dame- Edna-Look-Alike, Alexandra Krismer als Edine zum dümmlich plappernden It-Girl. Und der schnöselig-vorlaute Stani des Matthias Franz Stein scheint einem Kabarett-Sketch entsprungen zu sein.
Missverständnisse
Andere hingegen zelebrieren buchstabengetreu den Ernst des Lustspiels, das vom verwirrenden Spiel der Worte lebt: Michael Dangl ist als Graf Kari Bühl zu scheu, zu hilflos, zu neurotisch, um etwas Entscheidendes zu tun oder auch nur ein entscheidendes Wort zu sprechen, weil für ihn das Reden "auf einer indezenten Selbstüberschätzung" basiert. Weil Reden für ihn heißt: Missverständnisse provozieren.
Er hat auch Geist, aber so etwas zeigt man in diesem Milieu nicht. Und er wird viel geliebt, von Antoinette, der unverstandenen Frau eines anderen, temperamentvoll beinahe auch als eine "Schwierige" verkörpert von Pauline Knof.
Alma Hasun ist als Helene in ihrer heimlichen Liebe zu "Kari" eine Frau ohne Geheimnis, bei der allerdings ihre Attraktion für ihn ein Rätsel bleibt. Grandios in kleiner Rolle als Kammerzofe: Therese Lohner.
Sie alle repräsentieren eine Welt voller Missverständnisse, in der es um nichts als um Amouren und die Konversation darüber geht.
Kunstwerk der Sprache
Die Engländerin Nancy Mitford verglich den degenerierten Adel, der hier wie mit dem Dämpfer vorgetragen wird, mit einem Huhn, dem der Kopf abgeschlagen wurde. Es läuft zwar immer noch ganz lebhaft herum, aber in Wirklichkeit ist es tot.
Zu besichtigen ist das Fossil dieser ausgestorbenen Spezies eben nur noch bei Hofmannsthal. Aber beim subtilen Abgesang auf Altösterreich, auf eine schon vor 100 Jahren untergegangene Welt stellt sich die Frage: Ist sie im Heute, da das Gefühl für das Differenzierte, Feinsinnige weitgehend abhanden gekommen ist und das Grobe, Plakative dominiert, noch begreifbar zu machen?
Wohl am ehesten durch die hinreißende, heute vielfach als parfümiert empfundene Sprache. Wenn in der gepflegten Konversation expediert, adoriert und depeschiert wird. Und man die Contenance zu bewahren hat, auch wenn die Männer odios sind ...
Schließlich hatte man im Kreis des Adels einen Ton miteinander. Der ist geprägt von Zurückhaltung, so dass alles etwas Stilles, Versonnenes, Verträumtes hat – als scharfer Kontrast zur überlauten Gegenwart. Da blitzt ein Lächeln aus längst vergangener Zeit auf, das uns als Lektion zu sagen scheint: Ach, sich echauffieren, das lohnt sich ja gar nicht. Alles geht vorüber!
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