Der Meister der Verschränkung: Ai Weiweis Werkschau in Wien

Der Meister der Verschränkung: Ai Weiweis Werkschau in Wien
„Ai Weiwei – In Search of Humanity“ ist bis 4. 9. in der Albertina modern zu sehen

Im ersten Saal sind Fahrräder zu einem Turm verschränkt. Das Objekt in Form der Landkarte Chinas, zwei Räume weiter, besteht aus ineinander verschränkten Holzbalken – diese stammen wiederum aus alten Tempeln.

Alt und neu, Ost und West, individuell und kollektiv, modern und archaisch: Die Verschränkung solcher Gegensätze ist das prinzipielle Stilmittel von Ai Weiweis Kunst. Die Schau „In Search of Humanity“ in der Albertina modern macht dies deutlich, indem sie den Werdegang des 1957 Geborenen in einer chronologischen und thematischen Abfolge von Sälen nachvollziehen lässt.

Das westliche Kunstvokabular sog der Sohn des lange verbannten Dichters Ai Qing vor allem im New York der 1980er Jahre auf. Einige Gemälde Maos oder Vasen mit Cola-Schriftzug verraten den Einfluss der Pop Art; die prinzipielle Leitplanke blieb aber Marcel Duchamps „Readymade“ – also das Prinzip, Alltagsdinge zur Kunst zu erklären.

Der Meister der Verschränkung: Ai Weiweis Werkschau in Wien

Bei Eisenstäben aus Gebäuden, die beim Sichuan-Erdbeben 2008 zum Einsturz kamen, oder dem Laufband, das Julian Assange während seines Asyls in Ecuadors Botschaft nutzte, ist die politische Aufladung offensichtlich. Bei anderen Werken drängt das Formale in den Vordergrund, bei einigen das Handwerkliche, wobei auch das Streben nach Bewahren und Zerstören (von Traditionen) eigentümlich ineinander verschränkt erscheint. Der Gesamteindruck ist jedenfalls spektakulär – und in seiner Breite wohl so bald nicht wieder zu haben.

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