Der kulturpolitische Nenner: Kasperl, Pezi und das Krokodil

Der kulturpolitische Nenner: Kasperl, Pezi und das Krokodil
"Trenklers Tratsch" über die Einigkeit im Operettenstaat: Das Kasperltheater ist „Heimat pur!“

Österreich ist zwar keine Bananenrepublik, aber ein Operettenstaat. So sagt man. Und, wie man zu betonen nicht müde wird, eine Kulturnation. Allerdings eine Nation mit Hang zur Nekrophilie. Denn die Kulturpolitiker melden sich in der Regel nur dann zu Wort, wenn zum Beispiel Menschen aus Burg und Oper das Zeitliche gesegnet haben. Dann startet ein regelrechtes Wettrennen der Pressereferenten, getrieben von der Idee, dass just ihr Chef oder ihre Chefin in den Kästen mit den Reaktionen genannt werden würde. Und so beklagen die Kulturpolitiker auch den Tod von Künstlern, mit denen sie sich im Leben nie beschäftigt haben.

Das Wettrennen nimmt mitunter absurde Ausmaße an. Erst unlängst, Mitte Juli, hängte Bundespräsident Alexander van der Bellen, nicht gerade berühmt für Schnelligkeit, alle Kulturpolitiker ab: Tief betroffen über das Ableben von Christine Nöstlinger hatte er um 17.43 Uhr seinen Nachruf lanciert. Auf den Plätzen folgten Beate Meinl-Reisinger und Sepp Schellhorn (18.07), Veronica Kaup-Hasler (18.20), Doris Bures (18.33), Christian Kern und Andreas Schieder (18.35), Gernot Blümel (18.37), Wolfgang Sobotka (18.50) und Maria Vassilakou (19.50).

Bei Erich Lessing vor einer Woche war das Teilnehmerfeld der Nekrologen eher mickrig. Doch am Montag schlug wieder die Stunde der Wehklagenden. Mit großem Bedauern wurde die Nachricht über das drohende Aus der Kasperlbühne in der Urania aufgenommen.

Der Grund ist allerdings nicht eine kulturpolitische Sauerei, sondern das fortgeschrittene Alter des Betreibers, der nicht mit dem Krokodil in der Hand sterben, sondern Pezi zu Geld machen möchte. Der Fortbestand müsse unbedingt gesichert werden, verlangten ÖVP wie FPÖ einmütig. In die Schlacht zur Rettung des Abendlandes warfen sich auch Ex-Kulturminister Thomas Drozda und Ex-Kanzler Kern unter dem wehmütigen Slogan „Heimat pur!“. Es gibt also doch einen kulturpolitischen Nenner in diesem Land: das Kasperltheater.

Seid ihr alle da? Ja, alle – in der Mehrzahl ältere Männer – wollen den Kasperl retten. Bei der Wiener Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler wurde interveniert auf Teufel-komm-raus. Jüngst gesellte sich auch Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek hinzu. In der Vergangenheit setzte sie sich für Unterdrückte, Verfolgte und wahre Werte ein. Zusammen mit Gerhard Ruiss, Sprecher der IG Autoren, ließ sie kundtun: „Das Urania Puppentheater darf und kann nicht einfach verschwinden. Wir erklären unsere Unterstützung für den Weiterbestand des Urania Puppentheaters. Seine Figuren haben längst ihr Eigenleben, man kann sie nicht einfach beiseite legen und sagen, es gibt euch von nun an nicht mehr.“

Kaup-Hasler beruhigt die johlende Schar: „Der Kasperl wird sich an seiner Zipfelmütze selbst aus der Gefahr herausziehen, so wie es das begeisterte Publikum seit Generationen gewohnt ist. Dafür werde ich sorgen.“ Auch wenn sie gar nicht zuständig  ist – sondern nur die Interessenten weitervermitteln kann.   

 

 

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