Viel gute Malerei
Zu sehen ist auffallend viel gute Malerei von Künstlerinnen und Künstlern, die virtuos und oft auf ungrundierter Leinwand mit figurativem und abstraktem Vokabular hantieren, ohne sich dabei viel mit historischem Ballast aufzuhalten: Die Gemälde von lesbischer Liebe (und lesbischem Sex), die Anouk Lamm Anouk bei Mauroner zeigt, bestechen mit ihrer malerischen Lockerheit und inhaltlichen Unerschrockenheit. Toll auch die Bilder von Evelyn Plaschg bei Layr, die in einer nicht ganz unähnlichen Weise mit Körperbildern hantieren und auf einer malerischen Ebene den Hintergrund und Malgrund in die Bildgestaltung einbauen.
Beeindruckend auch die Werke von Christine Gironcoli bei Kai Middendorf, in denen ebenfalls die rohe Leinwand eine zentrale Rolle spielt, in denen das Gemalte nur angedeutet bleibt und Leerstellen darauf warten, mit Imagination gefüllt zu werden. Auch Halvor Rønning (bei Felix Gaudlitz) beeindruckt mit seiner malerischen Leichtigkeit; Jakob Kirchmayr (bei Galerie Hilger) geht mit seinen Abstrakten Werken tiefer in den Saft, macht seinen Malgrund beinahe zur Skulptur vermeidet dabei aber die Bleischwere, die man etwa von Anselm Kiefer kennt.
Foto-Festival auch auf der Messe
Fotografie ist ein weiterer Schwerpunkt – hier schlägt Gastkuratorin Bettina Leidl eine Brücke zu dem von ihr initiierten „Foto Wien“-Festival, das ebenfalls noch bis Sonntag läuft. Die renommierte Pariser Galerie Kamel Mennour, die die Fotografin Marie Bovo vorstellt, ist hier ein nennenswerter Neuzugang.
Gemeinsam mit Niederländerin Marieke Wiegel, ebenfalls als Foto-Kuratorin geladen, holte das Messe-Team aber noch einige weitere tolle Entdeckungen nach Wien: Etwa Anastasia Samoylova, die von der spanischen Sabrina Amrani Galerie vertreten wird und ineinander verschachtelten Bildern Naturidylle und Industrie-Tristesse konfrontiert. Die Galerie Ostlicht präsentiert die Italienerin Francesca Catastini, die mit spielerisch inszenierten Fotografien klassischer Interieurs Normen auf den Kopf stellt. Sie gewann den mit 5000 Euro dotierten "Artproof Production Award", der heuer auf der Messe erstmals vergeben wird. Künftig solle es mehr derartige Preise geben, erklärte Geschäftsführer Renger van den Heuvel.
Expansion und Innenräume
Neu ist auch eine kuratierte Abteilung namens "Die Vrte Wand", die sich mit bühnenhaften Gesamtkunstwerk-Installationen auseinandersetzt und u. a. den derzeit auch in der Secession präsenten Südtiroler Siggi Hofer (am Stand der Exile Gallery) sowie den für surreale Raumkonstruktionen bekannten Linus Riepler (Galerie Krinzinger) vorstellt. Weiters eine Sektion namens „Expanded“, die, ähnlich wie in der „Unlimited“-Abteilung der Top-Messe Art Basel, großformatige Werke präsentiert. Für die Galerie Nicola von Senger (CH) hat Beni Bischof hier ein räudiges Kunst-Tschocherl gestaltet – eine Bar, in einem engen Rigips-Einbau untergebracht, entpuppt sich auf den zweiten Blick als Umschlagplatz für Aquarelle, Zeichnungen, Skulpturen, Sticker - und Bier. Es ist der größtmögliche Kontrast zur postpandemischen Luftigkeit der Halle.
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