Der Fluch mit den Zwiebelköpfen

Elizabeth Polineri
"Wie der Atem in uns": Elizabeth Poliner über Menschen, die kein Glück haben dürfen

Ein Stückchen jüdische Welt, inoffiziell "Bagel Beach" genannt.

Ein Küstenstrich im US-Staat Connecticut.

Viele jüdische Familien besaßen in Woodmont in den 1940er-Jahren Sommerhäuschen oder wohnten dort in Strandhotels.

Es war ein Ort, an dem sie sich frei fühlen konnte – noch gab es in Amerika mehrere Orte, an denen Juden unerwünscht waren (Wohn- und Urlaubsgebiete, Bildungseinrichtungen ...).

Elizabeth Poliner bringt in ihrem allerersten Roman den Sommer 1948 am "Bagel Beach".

Sing, Sing, Sing

Ihre Eltern haben sie an den Erinnerungen teilhaben lassen, und diese Atmosphäre, wenn die Männer nur an den Wochenenden ihre Frauen und Kinder am Meer besuchten ... wenn sie aufs Schabbatmahl mit den Challa-Broten allergrößten Wert legten und freilich auch auf der Regel bestanden haben, anschließend mit den vom vielen Kochen ermatteten Ehefrauen Sex zu haben – das macht "Wie der Atem in uns" sehr lesenswert.

Von Benny Goodman hört man "Sing, Sing, Sing (With a Swing)", und Doris Day singt "It’s Magic".

Der große Rest des Buches, den bilden drei Schwestern, die sich das geerbte Sommerhaus am Strand teilen.

Ada, Vivie, Bec und deren Kinder, wobei Elizabeth Poliner von Anfang an darauf hinweist, dass eines der Kinder, der achtjährige Davy, den August 1948 nicht überleben wird.

Immer wieder streut sie diese Information ein, sie verrät aber erst gegen Ende, wie sich der Unfall abgespielt hat.

Jedenfalls führt das Unglück bei sämtlichen Familienmitgliedern zu Selbstvorwürfen. Fortan dürfen sie kein Glück mehr haben, so bilden sie sich ein.

Partnerwahl

Es ist gar nicht so einfach, die Übersicht zu bewahren. Erzählt wird von Davys Schwester Molly, und zwar 50 Jahre später. Weil alle Mitwirkenden so charakterisiert werden, dass man für sie Mitgefühl empfinden soll, ist man ganz schön gefordert.

Zumal schon vor dem Unfall ein Fluch auf der großen Familie lastet, in der es mit der Partnerwahl bzw. -nichtwahl Zores gab. Ein jüdischer Fluch, der lautet: "Wie eine Zwiebel sollst du wachsen, mit dem Kopf in der Erde."


Elizabeth Poliner:
„Wie der Atem in uns“
Übersetzt von Maja Ueberle-Pfaff.
DuMont Verlag.
428 Seiten.
23,70 Euro.

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