Bitte um ein "Wow!"
Zwei Liter Rum, 28 Bier und drei Gramm Kokain – das ist eine ordentliche TAGESdosis für einen Mann, der es aber mehrmals geschafft hat, aus diesem Schlamassel zu kommen und immerhin erst im Mai 2010 gestorben ist, 74-jährig an Prostatakrebs: hoch angesehen als Schauspieler, Regisseur, als Maler und Fotograf.
Die erste Biografie Dennis Hoppers versucht cool zu sein und wild. Sie liest sich rasch, hektisch, ist sehr anekdotisch und trifft bestimmt nicht jeden Geschmack.
Man sieht den jugendlichen Hopper, wie er in der Garderobe der gefeierten Olivia de Havilland („Vom Winde verweht“) das Klo putzt: „Was für ein glamouröser Job! Ich meine das ganz ernst.“
Wie er Shakespeare einstudiert und bald darauf in Hollywood Paul Newman attackiert: „Ich bin der bessere Schauspieler!“
Man hört auch nebenbei Elvis Presley schluchzen, der beim Lesen des Drehbuchs zu „Love Me Tender (1956) verzweifelte: Da stand, er müsse eine Frau schlagen – „Das kann ich nicht!“ Presley dachte, im Film wäre alles echt, auch die Pistolenschüsse.
Bei „Easy Rider“ (1969) verweilt US-Biograf Tom Folsom logischerweise lang. Dennis Hopper und Jack Nicholson werden nach dem riesigen Erfolg auf der Straße tanzen: „Wir sind genial. Ist dir das klar? Ist es nicht toll, Genie zu sein?“
Naja, Dennis
Es ging rauf und runter mit ihm. Ein leidenschaftlich Kreativer in der Nähe des Wahnsinns. Manchmal kommt einem Oskar Werner in den Sinn.
Die Welt sollte Hoppers Arbeiten lieben, die Mutter sollte einmal, nur einmal, zu ihm sagen: „Wow, Dennis, wow!“
Als Ehefrau Brooke seine irren Fotografien aus Los Angeles nicht genügend würdigte („Naja, Dennis ...“), brach er ihr das Nasenbein mit einem Schwinger.
Den Stern am Walk of Fame (den 2403.) bekam er erst zwei Monate vor seinem Tod. Die Erinnerungstafel wurde um 3750 Dollar versteigert – um mehr Geld als das gerahmte Foto des Stummfilmcowboys Tom Mix. Hatte Hopper also doch nicht alles vergeigt?
„Ich fühle mich in meiner Haut oft sehr unwohl“, hatte er zum nunmehrigen KURIER-Redakteur Georg Leyrer 2001 anlässlich der Ausstellung seines bildnerischen Schaffens im Wiener MAK gesagt.„Legende oder Ikone genannt zu werden, das bedeutet mir nichts. Ich fühle mich eigenartig, wenn ich mir in einem Geschäft Unterwäsche oder Socken aussuche und die Leute mich anstarren. Dann frage ich mich: Ja, glauben die etwa, ich will etwas stehlen?“
KURIER-Wertung: **** von *****
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