Dear-Reader-Frontfrau Cherilyn MacNeil über ihr Orchester-Album

Dear-Reader-Frontfrau Cherilyn MacNeil über ihr Orchester-Album
Kurz bevor Dear Readers Orchester-Album "We Followed Every Sound" erscheint, kommt die Alternative-Pop-Band auf Österreich-Tour.

Im Zoo von Johannesburg verliebte sich Dear-Reader-Frontfrau Cherilyn MacNeil in den Klang eines Orchesters. „Ich war winzig, vielleicht vier Jahre alt, aber ich habe sehr lebhafte Erinnerungen daran“, erzählt sie im Gespräch mit dem KURIER. „Da war ein Pavillon im Zoo, in dem sie Orchesterkonzerte hatten. Und ich war jedes Mal verzaubert von dem Klang, bin total darin aufgegangen.“

Seither träumte die mittlerweile in Berlin lebende Südafrikanerin davon, einmal mit einem Orchester zu musizieren. 2013 hat sie es geschafft: Im April nahm sie für Radioeins ein Konzert mit dem Filmorchester Babelsberg auf, bei dem sie den Großteil der Songs ihres jüngsten Albums „Rivonia“ und ein paar Favoriten aus älteren Platten spielte.

Fantastische Erfahrung

Dear-Reader-Frontfrau Cherilyn MacNeil über ihr Orchester-Album

„Es war eine fantastische Erfahrung“, resümiert MacNeil. „Obwohl ich davor so aufgeregt war, dass ich monatelang nicht schlafen konnte. Denn obwohl ich von acht bis 18 klassisches Klavier studiert habe, konnte ich nie mit einem Orchester spielen. Ich war zwar einmal in einem kleinen Percussion-Orchester, in dem ich Stylophon und Pauke gespielt habe. Das hat Riesenspaß gemacht, ist aber nicht vergleichbar mit einem Orchester mit Streichern.“

Dass Dear Reader gerade jetzt von dem Sender zum Orchester-Konzert gebeten wurden, liegt laut MacNeil daran, dass sich „Rivonia“ besonders gut für die Interpretation im Stil von Filmmusik eignet. In dem Konzeptalbum griff MacNeil mit jedem Song historische Ereignisse aus der tragischen Geschichte ihrer Heimat auf und verpackte sie in einfühlsam erzählte Storys. Und die instrumentierte sie im Original mit sehr zarten Arrangements. „Es gab sehr viel Raum zwischen den Instrumenten, die Platz für die Streicher und den Chor ließen. Der Arrangeur hat immer wieder betont, dass ihm das Arbeiten mit den Songs deshalb so viel Spaß macht. Ich denke, das liegt daran, dass ich auf ,Rivonia‘ keine einzige E-Gitarre hatte. Die füllen immer viele Frequenzen und machen einen dichten Sound.“

Am 6. Dezember erscheint mit „We Followed Every Sound“, ein Mitschnitt des RadioEins-Konzertes auf CD. Und während das „Rivonia“-Original ungeachtet der Texte um Apartheid, Mandela und den Kampf gegen Rassendiskriminierung leicht und verträumt klingt, kommt in den voluminösen Orchester-Arrangements die Schwere der Thematik voll zum Ausdruck. „Es war fantastisch, als ich die Aufnahmen zum ersten Mal hörte. Manche Songs machen eine totale Verwandlung durch. Bei einigen dachte ich sogar, das klingt jetzt wie Musik aus einem Disney-Film, oder wie aus James Bond.“

"Rivonia" in Südafrika

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Die Original-CD, sagt Mac Neil, sei in ihre Heimat gut angekommen. Zumindest hat sich niemand beschwert. „Das alleine macht mich schon froh. Denn ich war zwar sehr sorgfältig dabei, wie ich mit diesen sensiblen Themen umgegangen bin. Ich dachte aber, ich könnte trotzdem unbewusst und unabsichtlich jemanden beleidigt haben, habe immer darauf gewartet, dass jemand aufschreit und sagt, das und das ist falsch.“

Traurig fügt sie hinzu, dass „Rivonia“ in Südafrika allerdings nur von mehrheitlich Weißen gehört worden ist: „Mein Land ist in vielen Dingen immer noch getrennt. So auch in der Musikszene. Die meisten Leute, die Indie- oder Alternative-Music hören sind Weiße aus der Mittelklasse. Und weil es kaum Radiostationen gibt, die meine Musik spielen würden – denn Alternative-Sender gibt es nicht, und für die anderen bin ich zu poppig – weiß ich nicht, wie ich diese Brücke überwinden kann.“

Info

Dear Reader auf Österreich-Tournee:
29. 11. Innsbruck/Treibhaus
30. 11. Göfis/Vereinshaus
1. 12. Wien/Chelsea

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