Vegetarier und Femme fatale im reizvollen Kleinkrieg
Es war einmal ... So beginnen die schönsten Geschichten. Und mit „Dear Liar“ begann 1963 die Erfolgsgeschichte von Vienna’s English Theatre. Unter der Regie des Gründers Franz Schafranek verkörperte seine Frau Ruth Brinkmann damals die Rolle der Stella Campbell.
Jerome Kilty hat den jahrzehntelangen Briefwechsel zwischen dem Dramatiker George Bernard Shaw und der Schauspielerin Beatrice Stella Campbell zu einer bezaubernden Komödie montiert. Ebenso bezaubernd ist die Idee, die spritzige Collage aus echten Briefzitaten, Kommentaren, die direkt ans Publikum gerichtet sind, und Szenen aus einigen Bühnenwerken, zum 50-Jahr-Jubiläum in der Regie von Tom Littler erneut auf die Bühne zu bringen. Und man fragt sich: Was war wirklich zwischen Shaw und Campbell? Man weiß es nicht genau. Beide waren verheiratet, aber nicht miteinander ...
Moir Leslie und Richard Derrington beherrschen als Bühnenpaar in den besten Jahren das humorige Spiel mit offener und versteckter Ironie und tieferer Bedeutung.
Er: der eingefleischte Vegetarier und knorrig-sarkastische Autor. Sie: die fleischessende Femme fatale. Sie umgarnen einander und sind sich sehr ähnlich in ihrer Kratzbürstigkeit im merkwürdigen Kleinkrieg der wechselseitigen Zuneigung.
Beide kommen sich in charmanten Flirts näher und suchen dann doch wieder die Distanz. Wie sie bei der Probe zu Pygmalion als knapp 50-Jährige die 17-jährige Eliza Doolittle spielen soll, inklusive der berühmten Phonetikübungen, hat Witz. Und auch sonst: Ein vielversprechender Auftakt für die nächsten 50 Jahre!
KURIER-Wertung: **** von *****
Info: Bis 19. 10. tgl. außer So. 19.30 Uhr, 8., Josefsg. 12
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