David Guetta: Melancholie statt Party-Sound

Der Pariser Pierre David Guetta verdient als Star-DJ zurzeit 13,5 Millionen Dollar pro Jahr
Star-DJ David Guetta spricht über sein neues Album, seine Freundschaft mit Avicii und David Bowie.

Schon im Sommer überraschte David Guetta mit dem Sound der Single "Lovers On The Sun". Aber der Hit – deutlich beeinflusst von Guettas Jugend-Idol Ennio Morricone – war nur ein Vorgeschmack. Denn mit dem soeben erschienenen Album "Listen" steuert der 47-jährige Franzose ganz bewusst auf einen "emotionaleren" Sound zu. Im KURIER-Interview erklärt er, warum.

KURIER: Wie kam es zu dem Stilwechsel?

David Guetta:Das ist mein sechstes Album und ich bin ein großer Verfechter de These, dass Künstler mit jedem Album etwas Neues, Anderes machen sollten. Warum sonst sollte man etwas veröffentlichen? Jedenfalls habe ich daher diesmal meine Arbeitsweise komplett geändert. Früher habe ich immer mit den Beats angefangen und dann dazu die Songs geschrieben. Aber diesmal hatte ich zuerst die Songs und habe dann dazu die Beats gebaut. So ist das eine viel emotionalere Platte. Bis dahin ging es nur um das Tanzen, das Abfeiern und sexy Girls und Partys. Aber die letzten Jahre waren für mich ganz anders. (Anm: Guetta trennte sich von seiner Frau Cathy) Deshalb mischt sich diesmal auch etwas Melancholie in die Tracks.

Vor einiger Zeit sagten Sie, dass die elektronische Tanzmusik immer härter wird und Sie eine Reaktion darauf erwarten. Ist "Listen" so eine Reaktion?

Genau das, ja. Und die Reaktion sieht man auch daran, dass Deep House jetzt kommerziell extrem erfolgreich geworden ist. Aber obwohl ich Deep House mag, wollte ich trotzdem mit meinem Album einen anderen Weg gehen. Ich habe als DJ angefangen, bevor House überhaupt existiert hat. Ich habe Funk aufgelegt, Disco New Wave. Und ich habe all diese wunderbaren Michael-Jackson-Platten gehört, Marvin Gaye und Stevie Wonder geliebt. Deshalb sind mir gute Melodien immer schon wichtig gewesen.

Sie haben für die Gesangs-Parts von "Listen" mit Stars wie Nicki Minaj, John Legend und Emeli Sandé gearbeitet, aber auch mit dem Newcomer Sam Martin. Wie haben Sie ihn kennengelernt?

Ich nehme mir jedes Jahr drei Monate Zeit, in denen ich nur im Studio bin und mit Songwritern an neuen Tracks arbeite. Sam ist einer von diesen Songwritern. Und dann hatten wir diesen Gitarren-Part für "Lovers On The Sun" entwickelt, arbeiteten daran weiter und er sang dann – eigentlich nur für Demo-Zwecke – die Melodie drüber. Ich dachte sofort: "Wow, seine Stimme ist ein Wahnsinn, die muss da drauf bleiben!" Ich finde nämlich – obwohl ich auch gerne mit Top-Künstlern arbeite –, dass es bei der Musik auch um die Musik an sich gehen sollte, und nicht um große Namen und Celebrities. Und ich denke, dass ich auch eine Verantwortung habe, immer wieder junge Musiker, die extrem talentiert sind, ins Rampenlicht zu rücken.

So war das ja auch mit Avicii, der "Lovers On The Sun" mit Ihnen produziert hat.

Das war eine lustige Geschichte: Ich war in Schweden, er hatte davon gehört, rief mich an und kam dann im Studio vorbei. Ich sagte zu ihm: "Du, ich hab da diesen Track, der klingt aber mehr nach dir als nach mir, ich glaube, das kann ich nicht rausbringen." Also haben wir uns entschieden, es gemeinsam zu veröffentlichen. Aber ja, es stimmt, ich habe ihn schon vor vielen Jahren, als er noch völlig unbekannt war, gebeten für mein Album "One Love" etwas zu remixen.

All denken, Sie wären Konkurrenten ...

Nein, wir sind sehr gute Freunde. Er ist so talentiert – ein Melodie-Genie, ich habe großen Respekt vor ihm. Ich finde überhaupt, dass es in unserer Szene – wenn überhaupt – Konkurrenz nur auf eine sehr nette Art gibt. Ich freue mich immer, wenn Calvin Harris oder Avicii große Hits haben, denn das macht unser Genre stärker. Und das ist ja auch gut für mich.

Mit David Bowie war es umgekehrt. Der bat Sie, etwas für ihn zu remixen, als Sie noch unbekannt waren.

Das war auch so eine lustige Story: Ich hatte diesen Remix von "Heroes" gemacht und einen Bootleg, eine illegale Vinyl-Platte, davon gepresst. Die habe ich Pete Tong, einem berühmten Radio-DJ in England geschickt, der sie in seiner Sendung gespielt hat. Ein paar Tage später läutete bei mir das Telefon und der Typ am anderen Ende sagte: "Hallo, ich bin David Bowies Anwalt!" Da bin ich sehr nervös geworden. Ich sagte: "Entschuldigung. Aber wir haben den Remix ja nicht verkauft, der war nur für uns." Und der Anwalt: "Nein, darum geht es gar nicht. Im Gegenteil: David gefällt deine Version und er will, dass du sie veröffentlichst." Das war so verrückt. Ich habe mich so geehrt gefühlt und fand das extrem cool von Bowie. Denn damals war ich wirklich noch völlig unbekannt.

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