David Bowie: Jazz, ISIS und ein Gin saufender Außerirdischer

David Bowie
Seit Jahrzehnten ein Phänomen: Bowie redet wenig und arbeitet immer noch viel.

"Das Ziel war, Rockmusik zu vermeiden!" So beschreibt Produzent Tony Visconti den Ansatz für "Blackstar", das neue Album von einem der Größten dieses Genres: David Bowie wird es am 8. Jänner, seinem 69. Geburtstag, veröffentlichen. Und damit sprengt er – wie so oft in seiner Karriere – die Genre-Grenzen, definiert sie neu.

Denn für "Blackstar" hat Bowie mit dem Jazzsaxofonisten Donny McCaslin und Musikern aus dessen Band zusammengearbeitet. "David war entschlossen, etwas ganz anderes zu machen, als 2013 mit dem Album ,The Next Day‘", erinnert sich Visconti im Interview mit dem Rolling Stone. "Wir haben vor den Aufnahmen sehr viel Kendrick Lamar gehört. Wir haben zwar nichts, was nur irgendwie in diese Richtung geht, aufgenommen. Aber wir haben die Tatsache geliebt, dass Kendrick so offen für alles war und kein simples, direktes Hip-Hop-Album gemacht hat. Genau das wollte David auch für sich."

Das Resultat ist eine genauso skurrile wie intensive Platte. In nur sieben (sehr langen) Songs paart Bowie seine typischen Themen Entfremdung und Einsamkeit mit komplexen rhythmischen Strukturen und Jazz-Improvisationen, die unter den oft düsteren, aber einnehmenden Melodien rumoren und "Blackstar" einen dämonischen, mysteriösen Touch geben. Ein "Bowie-Album gespielt von Jazzmusikern", nennt das Visconti, der viele der einflussreichen Werke des Meisters produziert hat.

Messias

Über die Inhalte der neuen Songs ist nicht viel bekannt. Man weiß nur, dass der Text von "Girl Loves Me" auf Slang-Ausdrücken aus dem Film "A Clockwork Orange" und Polari, einem Dialekt der Theater-, Schausteller- und Schwulen-Gemeinde in London, beruht.

Und das düstere "Blackstar" soll laut Donny McCaslin vom ISIS handeln.

Ob das stimmt, oder die im grandiosen Video zu "Blackstar" dargestellte Messias-Figur eine andere Bedeutung hat, bleibt offen. Denn selbst mit seinem Produzenten spricht Bowie nie über seine Texte: "Er denkt, dass die Musik die Botschaft rüberbringt", sagt Visconti.

Vermutlich ist das der Grund dafür, dass Bowie seit Jahren keine Interviews mehr gegeben hat. Nachdem er 2004 einen Herzinfarkt erlitt und nur durch eine Notoperation gerettet werden konnte, hat sich der in New York lebende Brite aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Seinem Arbeitspensum hat das nicht geschadet.

Lazarus

Denn neben den Aufnahmen zu "Blackstar" hat Bowie 2015 auch noch ein musikalisches Theaterstück auf die Beine gestellt: "Lazarus" ist die Fortsetzung des Films "Der Mann, der vom Himmel fiel", in dem Bowie vor fast 40 Jahren den Außerirdischen Thomas Jerome Newton spielte, der auf der Suche nach Wasser auf der Erde strandet.

Das Theaterstück, das am 7. Dezember in New York Premiere hatte, zeigt das heutige Leben von Newton. Der sehnt sich – desillusioniert und Gin-saufend – immer noch nach seinem anderen Zuhause im All, aber auch nach der irdischen Ex-Freundin Mary Lou. Erzählt wird "Lazarus" mit neu arrangierten Bowie-Hits wie "Absolute Beginners" und "The Man Who Sold The World", vier eigens dafür komponierten Songs und Dialogen, die Bowie mit dem Autor Enda Walsh erarbeitet hat.

Von den vier neuen Songs aus dem Theaterstück hat es allerdings nur der Track "Lazarus" auf "Blackstar" geschafft. Wann – und ob überhaupt – die anderen drei veröffentlicht werden, steht in den Sternen. Fix ist leider, dass Bowie auch mit "Blackstar" nicht auf Tour gehen wird. "Wenn dieses Thema aufkommt, bleibt David hartnäckig bei dem, was er schon vor Jahren gesagt hat", erklärt Visconti dazu. "Er wird es einfach nicht machen. Vielleicht gibt es gelegentlich einmal irgendwo einen Einzel-Auftritt. Aber auch davon weiß ich nichts. Wenn David das macht, überrascht er mich damit genauso wie jeden anderen."

Kommentare