Das war die Branchen-ROMY 2023: "Jetzt bin ich ein bisschen gerührt"

Das war die Branchen-ROMY 2023: "Jetzt bin ich ein bisschen gerührt"
Am Freitagabend wurden im Gartenbaukino jene Menschen gewürdigt, ohne die Film und Fernsehen nicht möglich wären.

Mit Erni Mangold ist er, kilometermäßig, zwei Mal um die Welt gefahren. Mit vielen, vielen anderen Stars der heimischen Filmbranche und auch zahlreichen internationalen Kapazundern ist er vielleicht weniger weit gekommen, aber trotzdem zur fixen Größe und zum Ansprechpartner, zur Nachrichtenquelle, zum Testpublikum für ein letztminütiges Rollenstudium und, ja, zur Vertrauensperson geworden: Joschi Deininger ist der Fahrer der Filmbranche.

Er hat, so sollte es das Moderatorenduo Hilde Dalik und Markus Freistätter am Freitagabend im Gartenbaukino sagen, so viel bewegt in der heimischen Filmbranche wie niemand anderer. Und für diese wichtige Hauptrolle wurde Deininger vom KURIER der Platinpreis für das Lebenswerk bei der Branchen-ROMY verliehen.

Das war die Branchen-ROMY 2023: "Jetzt bin ich ein bisschen gerührt"

„Jetzt bin ich ein bisschen gerührt“, sagte Deininger, den die versammelte Branche mit Standing Ovations würdigte. Er bedankte sich bei seiner Familie, „bei meinen Kindern und meiner Frau, die oft mit dem Abendessen vergeblich gewartet hat und um 4 Uhr aufgestanden ist, um Frühstück zu machen.“ Fahrer sind die Ersten, die am Tag zu arbeiten anfangen, und oft die letzten, die zu Hause sind, sagte er dem KURIER zuvor.

Die ROMY im April in der Hofburg zeichnet die Publikumslieblinge aus Film und Fernsehen aus. Die Branchen-ROMY aber würdigt jene Personen hinter der Kamera, ohne die es weder Film noch Fernsehen geben würde. Stellvertretend für alle diese nahm Deininger die Auszeichnung an.

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Preise an Willi und Joyn

Im Gartenbaukino wurden zwei weitere Preise durch die Jury vergeben: Filmeditorin Monika Willi, die heuer für ihre Arbeit an „Tár“ für den Oscar nominiert war und in Abwesenheit von Regisseurin Barbara Albert gewürdigt wurde, erhielt den Preis der Jury zugesprochen.

„Die Wochen des Zweifelns, Hadern, Bangens, auch des Lachens“ machen „große Freude mit dir“, sagte Albert über Willi. Das Tempo mache das Geheimnis eines Films aus: „Das findest du jedes Mal“.

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Und der Sonderpreis der Jury ging an die Streamingplattform Joyn, auf der das gesamte heimische Fernsehangebot abrufbar ist – ein gewaltiger Fortschritt für die Branche, ein tolles Service für die Seher. Die weiteren ROMYs, die vergeben wurden (Gewinner siehe unten), hat die Branche selbst gekürt: Alle bisherigen ROMY-Sieger sind berechtigt, über die Nominierungen der ROMY-Jury abzustimmen und somit festzulegen, wer die goldene Statuette überreicht bekommt. Die Beteiligung war heuer ausgesprochen hoch, rund 500 Gäste wurden zur Verleihung erwartet.

KURIER-Chefredakteurin Martina Salomon betonte zu Beginn den hohen Stellenwert der Kultur für die KURIER-Leserinnen und -Leser – das Film- und Fernsehschaffen ist, so sagte sie, ein wichtiger Teil davon. KURIER-Geschäftsführer Thomas Kralinger verwies darauf, dass Film und Fernsehen wesentliche Aspekte des Medienstandortes Österreich sind, dessen finanzielle Situation zuletzt zunehmend angespannt war.

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Neben den Kulturschaffenden aus der Filmbranche wurde auch eine hochkarätige heimische Popmusikerin ausgezeichnet: Die Salzburger Sängerin und Komponistin Eva Klampfer – bekannt als Lylit – erhielt die ROMY für die beste Musik für den Film „Eismayer“. „Es ist so schön, gesehen zu werden“, sagte sie. Sie habe „totale gestalterische Freiheit verspürt“, das sei für sie das Wichtigste in der Arbeit.

Das war die Branchen-ROMY 2023: "Jetzt bin ich ein bisschen gerührt"

Für die Veranstaltung angekündigt waren neben den Gewinnern auch unter anderem die Schauspielerinnen und Schauspieler Aida Loos, Konstanze Breitebner, Nicole Beutler, Unterhaltungschef Martin Gastinger vom ORF, Erwin Van Lambaart von den Österreichischen Lotterien, Gregor Peham (Lavazza) und Daniela Friz (Wempe).

Die ROMY-Jury wählt die Nominierten aus, über die dann abgestimmt wird. In der Jury sind Julia Pühringer (tele), Julia Schafferhofer (Kleine Zeitung), Heide Rampetzreiter (Die Presse), Angelika Hager (profil), Günther Fiedler (TV-Media) und Georg Leyrer vom KURIER.

„Unterschätzt“

Nur eine Produktion konnte zwei Preise einheimsen: „Der Fuchs“ wurde sowohl für die beste Kamera Kino an Yoshi Heimrath und Paul Sprinz als auch für den besten Film Kino ausgezeichnet. Regisseur Adrian Goiginger dankte unter anderem Hauptdarsteller Simon Morzé, der Stall ausgemistet hat, den Dialekt lernte und zum Rauchen aufgehört hat – „leider hast du wieder angefangen“. Man rate immer ab, mit Kindern oder Tieren zu drehen – Letzteres bestätigte Goiginger: „Das war zach. Ich habe das unterschätzt“.

 „Der Fuchs“ überzeugte

 Nur eine Produktion konnte bei der heurigen Branchen-ROMY gleich zwei Preise einheimsen: „Der Fuchs“ wird sowohl für die beste Kamera Kino an Yoshi Heimrath und Paul Sprinz als auch für den besten Film Kino ausgezeichnet. Über 112.000 Besucher hatte der Film in Österreich, in dem Regisseur Adrian Goiginger die Geschichte seines Urgroßvaters (gespielt von Simon Morzé) erzählt, der als Soldat im Zweiten Weltkrieg im Geheimen einen kleinen Fuchs rettet und aufzieht. 

„Es war tatsächlich die allererste Filmidee, die ich hatte“, sagt Goiginger zum Filmstart dem KURIER. „Es sollte die Geschichte eines Menschen erzählt werden, der durch die Beziehung zu diesem Tier den Glauben an das Leben zurückgewinnt.“

Herausragendes Jahr für Dokus

Beste Doku Kino, TV/Stream. Ein besonders starkes Jahr war es für Dokus  – weshalb  die ROMY-Jury gleich sechs Werke in der Kategorie Kino nominierte. Durchgesetzt hat sich „Elfriede Jelinek: Die Sprache von der Leine lassen“, eine Produktion von Plan C und Cala Film. Sie danke den Steuerzahlern dafür, dass „wir unabhängige Geschichten erzählen können“, sagte Claudia Wohlgenannt von Plan C.

Die ROMY für die beste Dokumentation TV/Stream  ging an „Katar – WM der Schande“: Die WDR-Journalisten Benjamin Best, Jochen Leufgens und Robert Kempe haben eines der umstrittensten Sportereignisse schonungslos kritisch beleuchtet. „Wir haben nicht unbedingt offene Türen von der FIFA“ angetroffen, sagte Best. Man arbeite am Teil 5.

„Vera“ gewinnt weiter

Beste Regie Kino. Die  Gewinner in Kino-Kategorie Regie haben heuer schon beim Österreichischen Filmpreis groß abgeräumt. Und auch bei der Branchen-ROMY haben sich die Stimmberechtigten für diesen Titel entschieden: Für „Vera“  geht die Auszeichnung an Tizza Covi und Rainer Frimmel. 

„Talent ist die Liebe zur Sache“, hatte Romy Schneider gesagt, erinnerte Covi. Bei den beiden sei das die Liebe zu den Protagonistinnen ihrer Filme, denen sie ihre ROMY widmen.
Sie begleiten semidokumentarisch das Leben von Vera Gemma, der Tochter des legendären italienischen Filmstars Giuliano Gemma. „Die Wirklichkeit ist immer stärker als ein Drehbuch. Es wird durch die Realität noch einmal verschärft“, sagen die beiden.

 Sensibles Buch mit Humor

Bestes Drehbuch Kino. Schon bei den Nominierungen für die ROMY-Gala im April ist der Jury Florian David Fitz mit „Oskars Kleid“ besonders positiv aufgefallen, Fitz wurde als beliebtester Schauspieler nominiert. 

Der Film ist aber auch ein exemplarisches Beispiel dafür, wie wichtig die Autorenschaft ist: Das Drehbuch erzählt eine alles andere als einfache Geschichte mit feinfühligem Humor und viel Sympathie für die Charaktere und ihr komplexes Leben.   

„Wir haben versucht, die Leute zum Lachen und zum Weinen zu bringen“, sagte Fitz in einer Videoeinspielung. „Oskars Kleid“ wurde zur stimmigen wie aktuellen Familiengeschichte von heute, eine Leistung, die die  Jury mit ihrer Nominierung würdigte – und die Branche auszeichnete.

Glücksfall für das Kino

Beste Produktion. Eine besonders wichtige Branchen-ROMY ist jene für die beste Produktion: Sie zeichnet auch den Weitblick und  Mut der Produzenten aus, die mit ihrer Bereitschaft, an den Erfolg einer Idee zu glauben, das Film- und Fernsehschaffen erst möglich machen.

Die heurige ROMY für die beste Produktion geht an einen Film, der mitgeholfen hat, dass das Kinojahr ein ungeahnter Erfolg geworden ist: Die Auszeichnung erhält E & A Film für die Erfolgskomödie „Griechenland“ mit Thomas Stipsits. Mehr als 280.000 Besuche hat der Film verzeichnet, sensationell in der heimischen Kinolandschaft.  Markus Pauser (E&A Film) appellierte an die Branche, „gemeinsam zu agieren“ und nicht in Arthouse und Unterhaltung zu trennen.

Starke Story in Serie

Beste Serie TV/Stream. „I drah zua“, singt Wolfgang Ambros in der dritten und letzten Staffel von „Der Pass“.

Das macht man beim Schnapsen, wenn man gewinnt – und gewonnen hat die Sky-Produktion: Die dritte Staffel (Sky, W&B Television und Epo-Film) erhält die ROMY als beste Serie TV/Stream.

Regisseur Christopher Schier ging es bei der Umsetzung darum, „einen Sog zu erzeugen“.
„Eine ROMY zu bekommen, funktioniert nur mit einem fantastischen Team“, sagte Schier. Und er bedankte sich beim produzierenden Sender: „Sky wird fehlen, es wird eine Lücke sein, die relativ schwer zu schließen sein wird“, sagte er. Sky hat zuletzt angekündigt, die Produktion eigener Serien aufzugegeben.

 Eine dunkle Komödie

Bester Film TV/Stream. Eigentlich ist Regisseur Marvin Kren auf Horror und Thriller spezialisiert. Für die ORF-Stadtkomödie „Der weiße Kobold“ (Lotus Film), die auf der Diagonale eine euphorische Premiere feierte und im  April im ORF zu sehen war, brachte er erstmals einen Thriller zum Lachen.  In flottem Tempo verknüpft er actionreiche Erzählstränge zwischen einem Puff in Znaim und der Wiener Kunstszene.  „Mein Film ist natürlich eine dunkle Komödie. Etwas anderes kann ich gar nicht“, sagte Kren dem KURIER.  Er sei  „trotzdem sehr fröhlich – für meine Maßstäbe“.  „Die filmische Arbeit war geprägt von Freude und Witzigkeit“, sagte Kren, der dem Team dankte. Peter Wirthensohn freute sich über die erste ROMY für Lotus Film – die zweite gab es  für „Der Fuchs“.

Zwei Frauen, ein Todesfall

Beste Regie TV/Stream. Ein mysteriöser Todesfall, vier ziemlich beste Freundinnen, unzählige Geheimnisse und unterschiedliche Fallhöhen der  Charaktere: Dass die Serie „Tage, die es nicht gab“ (ORF und Degeto GmbH, hergestellt von MR-Film) mit diesen vielen Zutaten zu einem schlüssigen Stück Fernsehen wurde, dafür sorgten die Regisseurinnen. Anna-Katharina Maier und Mirjam Unger.    „Wir sind eine deutsch-österreichische Freundschaft“, sagten die beiden, die „zusammengewürfelt“ wurden und zueinander fanden.  Sie teilten sich die Arbeit an den acht Folgen je zur Hälfte auf, Maier drehte die ersten vier, Unger die letzten vier. „Die gemeinsame Arbeit geht nur mit Solidarität und Wertschätzung.“ Es werde eine zweite Staffel geben, kündigten sie an.

Brisante  Psychostudie

Bestes Drehbuch TV/Stream. Die Macht der Kränkung bestimmt unseren Alltag.  Für Reinhard Haller sind nicht nur Morde, Vergewaltigungen oder Mobbing die Folge von Kränkungen, die Menschen erlebt haben.  „Kränkungen führen zu Kriegen“, sagt der Gerichtspsychiater, der sich in seinem Sachbuch mit diesem Phänomen beschäftigt hat.

Und Kränkungen haben für ihn auch eine politische Dimension: „Die Angst, den Wähler zu kränken, ist häufig die Richtschnur politischen Handelns.“

Daraus wurde eine überaus brisante TV-Serie – und  Agnes Pluch, Marie-Therese Thill und Rebekka Reuber haben aus Haller Sach- ein mitreißendes Drehbuch gemacht. Sie erhalten dafür die ROMY für das beste Drehbuch im Bereich TV/Stream.

Besondere Bilder 

Beste Kamera TV/Stream. Ein fiktiver Ort in Kärnten, zwei Frauen sind verschwunden.  Die Regisseurin des Landkrimis „Immerstill“, Eva Spreitzhofer, wollte „ein dunkles und nebliges Kärnten“ zeigen, das „trotzdem unglaublich schön und unglaublich sympathisch ist“.

Dafür braucht es natürlich besondere Bilder. Und die lieferte Kamerafrau Eva Testor, wofür sie nun mit der ROMY ausgezeichnet wurde. „Ich liebe meinen Beruf, das Bildermachen und das Schreiben, und ich bin sehr, sehr dankbar, dass ich das machen darf und auch noch einen Preis bekomme. Das ist eine große Ehre“, sagte Testor, die sich bei ihrer Tochter und für die Votes bedankte. Es gelte, Sehgewohnheiten  immer wieder zu hinterfragen. „Der Landkrimi gibt uns die Freiheit dafür.“

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