Das Unheimliche des Spielzeugs

Das Unheimliche des Spielzeugs
Die US-Künstlerin Pae White durchwühlte die Depots des Museums für angewandte Kunst.

Die in Los Angeles lebende Künstlerin und Grafikdesignerin Pae White ist tief in die Wiener Moderne eingetaucht. Für ihre erste Einzelausstellung in Österreich recherchierte sie ausgiebig in den Depots des Museums für angewandte Kunst (MAK). Dabei interessierte sie sich vor allem für Objekte, die es sonst schwer in eine Ausstellung schaffen und deren Autorenschaft oder Zuordnung nicht eindeutig ausgewiesen ist.

MAK-Direktor Christoph Thun-Hohenstein hat Pae White vor eineinhalb Jahren eingeladen, sich mit den hauseigenen Sammlungen auseinanderzusetzen. „Besonders angetan haben es ihr dabei Buntpapiere aus dem Archiv der Wiener Werkstätte, Lederstempel, Katagami (japanische Färberschablonen) und Spielsachen aus den 20er-Jahren“, erläutert die Kuratorin Bärbel Vischer. „Sie ist immer auf der Suche nach neuen Inspirationsquellen. Zunächst entstehen ihre Arbeiten aber am Computer.“

Schnipsel

Tatsächlich sammelt die US-amerikanische Künstlerin leidenschaftlich alles, was ihr in die Finger gerät: Fragmente von Computerbildern, bekritzelte Papierschnipsel, die sie zufällig auf den Straßen von Los Angeles aufgelesen hat, Briefe und Zeichnungen, die sie zunächst archiviert und dann zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgreift.

Das Unheimliche des Spielzeugs
„Soft Witch“, 2013
Speziell für das MAK hat sie raumgreifende Tapisserien produziert, die nicht wie ihre früheren Stücke aus bunten Baumwoll- und Polyestergarnen gewebt sind, sondern zu Gänze aus Metallfäden bestehen. „Die Tapisserien sind sehr aufwendig von einer kleinen, flämischen Produktion gemacht. Erstmals arbeitet sie mit Metallfäden, die je nach Lichteinfluss und Blickwinkel einmal stärker und einmal schwächer glitzern und schimmern“, erklärt Vischer

Auf den ersten Blick strahlen sie so Eleganz und Opulenz aus, bei näherem Betrachten merkt man aber schnell, dass ihr in Wahrheit nur flüchtig hingekritzelte Buchstaben, Insekten oder Stoffreste als Vorlage dienten. Noch dazu werden bei ihr die „Metallbahnen“ auch von hinten gezeigt, damit man genau sieht, wie sie eigentlich entstanden sind.

Blickwinkel

Besonders angetan war sie bei ihrem Wien-Besuch auch von einer unscheinbaren Schachtel mit kleinen Spielzeugfiguren. Diese hat sie von Künstlern und Kunsthandwerkern in Litauen, China, Mexiko, Äthiopien, Deutschland, England und der Region rund um Los Angeles nachmachen lassen, um so neue Blickwinkel und verschiedene kulturelle Interpretationen zu ermöglichen. Entstanden sind unter anderem Exemplare aus Holz, Papiermaschee, Metall, Glas oder auch Plexiglas.

„Das Interessante an Pae White ist die Ambivalenz zwischen Schönheit und Poesie. Aber auch die Schattenseiten der Schönheit bleiben bei ihr nicht unerwähnt. Wenn man zum Beispiel das Spielzeug hernimmt, bekommt es in der Masse durchaus auch etwas Unheimliches“, betont Vischer.

Pae Whites Ausstellung „Orllegro“ (Orllegro war in den 50er-Jahren eine Bezeichnung der amerikanischen Textilindustrie für ein neuartiges Material, das aber sehr schnell wieder aus der Produktion verschwunden ist) wird bis Oktober 2014 im MAK zu sehen sein.

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