Damit sind wir auch schon mitten im anspruchsvollen Konzept der Ausstellung, die sich eben nicht mit einfachen Reizen begnügt: Die mumok-Kuratorin Manuela Ammer und die Künstlerin Ulrike Müller, die die Schau im Team gestalteten, möchten dabei auf Basis der mumok-Sammlung zeigen, wie sich eine Gesellschaft anhand von Tiermotiven selbst porträtiert. „Wer gibt wem Namen?“, „Wer nimmt wen an die Kandare?“, „Welche Art von Zoo ist ein Museum?“, lauten einige der Fragen, die durchaus plakativ an den Wänden zu lesen sind.
Der Eindruck, es könnte sich um eine besonders niedrigschwellige Kinderausstellung handeln, trügt – auch wenn Ammer meint, dass man natürlich auch spielerisch durchflanieren könne, um Affen oder Tiger zu zählen. Doch auch (Kuschel-)Tiere in der Kinderstube sind nicht unschuldig, nein – sie dienen der Konditionierung und sind in besonders schlimmen Situationen womöglich die letzten Wesen, die einer zarten Seele Schutz bieten.
So ist der kindlichste Teil der Schau zugleich auch der grusligste – mit Paul McCarthys Werk „Lumpenprole“ liegt da ein riesiger Teppich, zur Landschaft ausgebeult durch Kuscheltiere, die darunter versteckt sind. Daniel Spoerri, der in seinen „Fallenbildern“ normalerweise die Spuren von Tischgesellschaften für die Ewigkeit fixierte, zeigt den „Kinderkäfig von Natalie“ – das Laufgestell, in dem die Tochter des Sammlerpaares Wolfgang und Hildegard Hahn 1969 spielte, mitsamt Tierbuch und einer stereotypen „Neger“-Puppe.
Die objektbasierte Kunst von Fluxus und „Nouveau Realisme“, die durch den Ankauf der Sammlung Hahn 1978 zu einer Säule des mumok wurde, drückt der Schau über weite Teile einen ästhetischen Stempel auf – doch die Kuratorinnen verweben auch zahlreiche andere Stränge der Kunst seit 1960 in ihre Erzählung. Die Malerin Maria Lassnig, die in ihren Bildern häufig die Leidensfähigkeit von Tieren und ihr eigenes Mit-Leiden zum Ausdruck brachte, ist stark präsent. Ebenso der Ober-Schamane Joseph Beuys, der bekanntlich einem toten Hasen Bilder erklären wollte, oder die Künstlerinnen Birgit Jürgenssen und Ingeborg Strobl, die das Animalische mit Tier-Prothesen, Masken oder surrealen Arrangements näher an die Grenzen von Mode, Design und Alltagskultur heranzurücken suchten.
Annäherungen von „menschlichen und nichtmenschlichen Tieren“, wie sie in aktuellen Diskursen vor dem Hintergrund ökologischer Herausforderungen oft eingefordert werden, wurden in der zeitgenössischen Kunst schon vielfach angedacht. Und sie bezog sich dabei oft auf hergebrachte Modelle, um menschliche Eigenschaften in Tiergestalt auszulagern. Die mumok-Schau ist nicht vor dem Ausfransen gefeit, bringt aber doch ein stimmiges Ausstellungserlebnis zusammen, das sich mehr über ästhetisches Zusammenspiel der Exponate als über Texte vermittelt. Nur das Schöne, Liebliche, Nice muss man recht lange suchen. Aber dafür kann man ja immer noch im Internet Katzenvideos schauen.
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