Am Mittwoch musiziert man noch im Konzerthaus, ab Donnerstag geht es von Köln über Amsterdam und Hamburg auch nach Paris. Auf dem Programm: Werke von Leoš Janáček, Sergej Prokofjew und Dmitri Schostakowitsch. Solist bei allen Auftritten ist (und war) der russische Pianist Daniil Trifonov. Denn Jakub Hrůša und Daniil Trifonov haben die Philharmoniker hörbar in ihr Herz geschlossen.
Bereits Janáčeks nicht einmal zehnminütiges Werk „Zárlivost“demonstrierte die Harmonie zwischen Hrůša und dem Orchester, fein ausbalanciert und dennoch mit Nachdruck erklang dieses selten gespielte Stück.
Danach das dritte „Konzert für Klavier und Orchester in C-Dur“ (op. 26.) aus der Feder von Sergej Prokofjew – ein von den Philharmonikern und Hrůša rhythmisch brillant vorangetriebenes Meisterwerk, bei dem Trifonov seine Qualitäten sicher ausspielen konnte.
Dass dieses Konzert vielleicht noch besser zur Geltung kommen könnte, sei dahingestellt. Der Virtuose Trifonov setzte auf passende Effekte, auf viel Pedaleinsatz und jenen – in positiver Hinsicht – Furor, den seine Verehrer lieben. Eine auch akrobatische Meisterleistung.
Zuletzt die fünfte Symphonie von Dmitri Schostakowitsch in d- Moll (op. 47), bei dem die Philharmoniker und Hrůša zur Höchstform aufliefen. Viel schöner geht das musikalisch nicht. Ovationen.
Peter Jarolin
Dämonische Cluster und psychedelische Klänge – wenn ein Dirigent am Klavier spielt
Diese Besetzung auf der Bühne, aber auch im Saal war ungewöhnlich. Denn in Wien kennt man diesen Mann am Klavier vor allem als Dirigenten. Der Pianist aber war im Publikum. Daniil Trifonov, der derzeit bei den Wiener Philharmonikern als Solist zu hören ist und mit Lahav Shani bereits in Wien musizierte, hörte seinem Kollegen zu.
Beide gehören zu den Spannendsten der Generation der heute Dreißigjährigen. Shani, 1989 in Tel Aviv geboren, wurde 2018 der jüngste Chef des Rotterdamer Philharmonic Orkest, folgte Zubin Mehta als Chefdirigent des Israel Philharmonic Orchestra nach und übernimmt 2026 die Münchner Philharmoniker. Eine Traumkarriere, die ihn jedoch nicht die Sicht auf das Wesentliche, auf wahrhaftiges Musizieren verdeckt, was er im Mozart-Saal hören ließ.
Da drängt sich eine Ähnlichkeit mit seinem Förderer Daniel Barenboim auf, der auch Pianist ist. Wenn sich Shani ans Klavier setzt, wird er eins mit seinem Instrument. Wie ein Wanderer, der sich auf seinen festen Tritt verlässt, betritt er das Prokofjew’sche Terrain mit der vierten Sonate in c-Moll (op. 2), setzt eloquent mit der Nummer Sieben in B-Dur (op. 83) fort und holt zur Steigerung im zweiten Teil aus.
Mit Esprit spielt er sich durch die dritte Sonate in a-Moll (op. 28) changiert zwischen sphärischen Klängen und düsterer Dämonie. Das war wie ein Schwungholen für das Große, die sechste Sonate in A-Dur (op 82).
Mit seiner brillanten Technik ließ Shani jedes Motiv hören, bannte mit rasanten Läufen, Klangfarben. Da fehlte nichts. Herzlicher Applaus, auch von Trifonov.
Susanne Zobl
Klangmalerin trifft Gentleman-Geiger: Oksana Lyniv und Gil Shaham
Die Ukrainerin Oksana Lyniv, ehemalige Chefdirigentin der Grazer Oper, zählt heute zu den gefragten Dirigentinnen. Für ihr Konzert mit den Wiener Symphonikern brachte sie die zehnminütige Tondichtung „Espenbaum“ ihres Landsmanns Maxim Kolomiiets mit. Eine eindrucksvolle, oft im Dauerton intensiv tönende Flöte (exzellent gespielt) irrt durch eine wüste Klanglandschaft. Zart flirrende Streicher und rhythmische Schlagwerk-Untermalung zogen in ihren Bann.
Mit dem Violinkonzert in D-Dur des zweifachen Oscar-Preisträgers Erich Wolfgang Korngold entfaltete Lyniv veritables Hollywood-Flair und bereitete ihrem Solisten, dem virtuosen Violinisten Gil Shaham, einen weichen „Red Carpet“. Shaham präsentierte sich als Inbegriff eines Gentlemans aus der „Traumfabrik“, verführte mit gelassener Noblesse zum Schwelgen, beeindruckte mit lustvoller Leichtigkeit. Dem Publikum dankte er mit dem „Isolation Rap“, einem Stück für Solo-Violine, das ihm Scott Wheeler während eines Lockdowns schickte. Ganz in ihrem Element war die Klangmalerin Lyniv bei Arnold Schönbergs Orchesterbearbeitung des ersten Klavierquartetts in g-Moll von Brahms.
Susanne Zobl
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