Das bisschen Wehmut, wenn man stirbt
Viel Buch ist gar nicht notwendig.
Wenn Alban Nikolai Herbst auf sein "Traumschiff" bittet und uns dadurch ans Ende erinnert, schaut man aufs Meer (oder aus dem Fenster), blickt man auf Barcelona (oder denkt zurück an einen Urlaub in Maria Taferl) ... ist doch schön, wenn man DAS am letzten Tag noch sehen darf.
Vielleicht ist das Traumschiff, das um die Welt reist, ein erträumtes Schiff. Wahrscheinlich ist die Schiffskabine ja ein Krankenzimmer oder ein Platz im Heim. Denn vom Schiffspersonal wird man kaum gewaschen und angezogen und bekommt einen Apfel abgeschält.
Spatzen überall
Das Schiff ist einfach nur die Zeit, die gekommen ist; und weil diese letzte Geschichte auf dem Wasser spielt, wird das ganze Meer auf der letzten Seite durch Fenster und Tür kommen.
Schau, das Zimmer ist voller Spatzen! Auch dem Schiffsarzt ist einer in die Hand geflogen. Sind Spatzen nicht Zeichen für unsere Winzigkeit und dafür, dass man Gott vertrauen soll?
Voller Zeichen ist der Roman. Manchmal muss (darf) man ihn weglegen. Er bringt auf Gedanken, jetzt will man allein sein. (Das war gemeint mit dem Satz: Viel Buch ist gar nicht notwendig.)
Der Autor, der sich Alban Nikolai Herbst nennt und ein Nachfahre des preußischen Militärs Friedrich von Ribbentrop ist, ist gewiss ein Plauderer.
Aber er hat etwas zu sagen – und kann’s auch mit Mascherl verpacken. Grausam schreibt er, grausam will er schreiben. Diesmal ist er allerdings auch zärtlich. Weil er selbst 60 geworden ist?
Er lässt einen windigen, herzkranken Geschäftsmann reden: Er ging als einer von 144 an Bord, die "das Bewusstsein" haben.
144 Auserwählte, denen klar ist, dass diese Reise ins Dunkle führt;und die – im Gegensatz zu den anderen, "normalen" Passagieren" – keine Landausflüge machen.
Denn wegen fremder Städte sind sie nicht hier.
Immerhin können sie noch ein Lied aufs Leben singen; ein kurzes. Der Erzähler, zunächst mit Gehstock unterwegs, wird bald im Bett aufs Deck geschoben ... hingeschoben zum guten Gefühl, das – Zitat – lautet: "Erschöpftsein. Ausgeschöpft sein. Haben, ausgeschöpft haben."
Und zu wissen, dass es nun so ist.
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