Ein wilder Cocktail aus Soul, Urschrei und Afrofunk

Charles Bradley in der Wiener Staatsoper
"Daptone Super Soul Revue" mit Charles Bradley, Antibalas und Sharon Jones beim Jazz Fest Wien in der Staatsoper.

Der Soul-Train fuhr mit Karacho durch die Staatsoper: mehr als drei Stunden nonstop Dienstag beim Jazz Fest Wien.

Für die mit Chili "funk-tastic" gewürzte "Daptone Super Soul Revue" prophezeit Zeremonienmeister und Gitarrist Binky Griptite: "Ihr werdet die Sessel nicht brauchen."

Nach einem kurzen Intro des Backvocal-Duos Saun und Starr und der Bläser Section einer, der von Otis Redding bis James Brown alles inklusive exzessiver Theatralik drauf hat: Charles Bradley im Einteiler mit Glitzerrevers praktiziert Soul mit Pirouetten und Urschrei zum frei schwingenden Mikro-Ständer, dass man um seine Jacketkronen fürchten muss.

Er hat eine Stimme wie ein Nebelhorn. Der 65-Jährige, wegen seiner extravagant choreografierten Bühnenshow auch "the flying eagle" genannt, schaffte es erst im Rentenalter von der Sozialwohnung in kürzester Zeit auf den "Rolling Stone"- Cover. Und gibt nach langen Jahren als James-Brown-Double jetzt den Herzensbrecher, den "Victim of Love", so der aktuelle Album-Titel.

Bradley fällt dabei immer wieder auf die Knie in gespielter Höllenqual: "Are You Really Looking For Love ..."

Mit Antibalas – auf deutsch: kugelsicher – geht die Reise ganz ohne Verschnaufpause nach Nigeria: Wie dereinst in den 80er-Jahren Fela Kuti in den Sofiensälen kocht die Band den Afrobeat mit "Dirt and Blood" und "Sare Kon Kon" ungestüm neu auf, und Sänger Amayo macht zwischen Bläserattacken und Wimmersax an der Front den Kasperl zum stampfenden Gebräu.

Noch einmal hat die Ekstase ihren Auftritt: Die "Queen of Funk" Sharon Jones, die nach ihrer überwundenen Krebserkrankung das Album "Give The People What They Want" veröffentlicht hat, startet live mit "Stranger To My Happiness" und Rumpelrock zum Soul.

Das Springinkerl macht mit einer Tina-Turner-Parodie und einem "When You Love Me" schmunzeln, tänzelt zwischendurch barfuß über die Bühne und gönnt sich erst nach 45 Minuten Full Speed und Overdrive eine langsame Nummer. "Retreat!" war das Signal zum Finale mit allen Beteiligten am Inferno.

KURIER-Wertung:

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