Daniel Spoerri: Ein leidenschaftlicher Sammler absurder Dinge

Daniel Spoerri im Atelier – hier mit seiner Teigroller-Sammlung.
Der Künstler feiert seinen 85er.

Daniel Spoerri, am 27. März 1930 in Rumänien geboren, wollte eigentlich Tänzer werden. Doch dann, Mitte der 1950er-Jahre, war er in Paris mit dabei, als Jean Tinguely die kinetische Kunst erfand. Wenig später hatte er eine Erleuchtung: "Die Antithese zur Bewegung ist eine fixierte Situation, der Stillstand."

Er begann, alles, was sich auf einer Tischplatte befand, auf eben dieser festzukleben. "Der Tisch war für mich wie ein Bild von Malewitsch: ein Quadrat mit Kreisen und Balken darauf. Und diese fixierten Tische hängte ich an die Wand." Diese "Fallenbilder" sind eine Mischung aus Zufall und Arrangement. Eine beliebte Methode ist es, zum Essen einzuladen. Jeder hat einen beliebigen Gegenstand mitzubringen und auf den Tisch zu legen. Irgendwann verkündet Spoerri das Ende des Mahls – und genau dieser Moment wird eingefroren.

Für die Fallenbilder wie auch für seine Assemblagen benötigt Spoerri viel Material. Und das findet er auf Flohmärkten. Spoerri wurde zu einem leidenschaftlichen Sammler absurder oder kruder Dinge wie Koprolithen, (versteinerte Exkremente).

Der Kosmopolit mit jüdischen Wurzeln lebte in New York, San Francisco, Hamburg, Darmstadt, Köln, Düsseldorf, München und Berlin, auf einer griechischen Insel und 20 Jahre in der Toskana, wo er einen riesigen Skulpturengarten aufbaute. 2007 zog es ihn schließlich nach Wien – an den Naschmarkt.

Zwei Jahre später kaufte er in Hadersdorf am Kamp ein ehemaliges Klostergebäude, weil er alle seine Werke unter einem Dach vereint wissen wollte. Und aus der ehemaligen Poststation, 100 Meter entfernt am Hauptplatz, machte er ein Esslokal.

Allerlei Kuriositäten

Bis 1. November ist unter dem Titel "Lieben & Haben" im Klosergebäude eine irrwitzige Ausstellung mit 40 kuriosen Sammlungen zu sehen – "gesucht, gefunden und arrangiert" von Daniel Spoerri und Kuratorin Barbara Räderscheidt. Die meisten stammen vom Meistersammler persönlich: reich verzierte Gehstöcke, galvanisierte Kinderschuhe, Schamschürzen, Mastikatoren (Zangen zum Zergatschen von Essen), afrikanische Nackenstützen, Torazeiger , (vermeintliche) Penisknochen und so weiter.

Ergänzt wird diese schillernde Anhäufung durch andere, nicht minder eigenartige Sammlungen: die zerbrochenen Rückspiegel, die Susanne Neumann in einer engen Gasse von Florenz fand; die Bitte-nicht-stören-Schilder, die Wolfgang Niedecken (BAP) in Hotels mitgehen ließ; die Besen und Bürsten von Hertha Hurnaus und Tex Rubinowitz, die exquisiten Wiener Papierschachteln von Nives Widauer, 64 Stickbilder von Margret Baumann mit dem Motiv der "Lesenden" et cetera. Eine würdige Verneigung vor Spoerri, der heute seinen 85. Geburtstag feiert.

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