Crossing Europe: Es wird hell in Linz

Crossing Europe: Es wird hell in Linz
Beim neunten Crossing Europe-Filmfestival in Linz haben nach Meldungen über schrumpfende Budgets nun wieder die europäischen Filmemacher das Wort.

Dunkle Wolken hatten sich in den letzten Monaten über dem Crossing Europe Festival zusammengebraut. Nicht zuletzt durch den Rückzug des privaten Hauptgeldgebers A1 muss das internationale Filmfestival in Linz dieses Jahr bei seiner neunten Ausgabe (24.-29.4.) mit rund 480.000 Euro und damit um 30.000 Euro weniger als im Vorjahr auskommen.

Am Dienstag, dem Eröffnungstag, wurden die zahlreichen internationalen Gäste, von einem ziemlich unterkühlten Linz empfangen. Kinowetter zwar, aber trotzdem dazu angetan, eher an die trüben finanzielle Aussichten zu erinnern. Und da bei der Eröffnungsfeier im neuen OÖ Kulturquartier die lokale und Wiener Politikerprominenz (vorwiegend in Vertretung) erschienen war, ging es zwangsläufig eingangs einmal wieder ums Geld. "Unser Budget hinkt leider den realen Bedürfnissen immer hinterher," sagte Festivalgründerin und Intendantin Christine Dollhofer. Nur durch viel Improvisation und den enormen Einsatz des Teams könne man mit den verfügbaren Mitteln Jahr für Jahr so viel auf die Beine stellen.

Und die in den letzten Jahren konstant gewachsene Filmschau des jungen europäischen Autorenkinos hat auch heuer wieder Neues zu bieten: Erstmals nimmt eine Jury der europäischen Filmkritikervereinigung Fedeora teil und das Festivalzentrum konnte mit dem neu geschaffenen OÖ Kulturquartier noch einmal vergrößert werden. Im technisch gut ausgestatteten Ursulinensaal finden nicht nur Eröffnung und Preisverleihung statt, sondern auch jeden Abend Kinovorstellungen der Schiene "Local Artists". Das "Mutterschiff" (so Dollhofer) bleibt aber das OK-Zentrum mit dem Moviemento-Kino und dem nur fünf Gehminuten entfernten City-Kino. Da das OÖ Kulturquartier ebenfalls am OK-Platz liegt, ist das Crossing Europe auch weiterhin ein Festival der kurzen Wege.

Mit Pessimismus hielt sich die umtriebige Intendantin gar nicht lange auf. Nachdem sie die anwesende Politik sanft an ihre Finanzierungsaufgaben erinnert hatte, wurden die treu gebliebenen Geldgeber charmant ins Prozedere eingeflochten. So wies Dollhofer darauf hin, dass einer der Sponsoren während des Festivals für "gepflegten Biergenuss" sorgt.

"Ich will Kunst!"

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Aber die schönste Antwort auf finanzielle Trübnis ist immer noch die Kunst selbst. Und da Dollhofer dies weiß, holte sie drei Jungschauspielerinnen aus ausgewählten Festivalbeiträgen auf die Bühne. Anjela Nedyalkova, Hauptdarstellerin des bulgarischen Roadmovies "Avé" brachte es auf den Punkt. Manche Leute würde sie zu Fernsehserien drängen, sie aber sagt: "Ich will Kunst!" Und ausreichend Filmkunst wird es auch in den nächsten Tagen bis Sonntag geben.

In Linz ist es Tradition, am ersten Abend die Vielseitigkeit des Festivals zu unterstreichen. Daher werden gleich vier Eröffnungsfilme angeboten: So zum Beispiel der neue Film der britischen Oscarpreisträgerin Andrea Arnold, "Wuthering Heights" - eine ästhetisch ungewöhnliche Neuverfilmung von Emily Brontës berühmten Roman "Sturmhöhe". In der Doku "Six Million and One" macht sich Regisseur David Fisher gemeinsam mit seinen eigenwilligen Geschwistern auf eine Reise nach Oberösterreich, um die Leidensorte des Vaters aufzusuchen. Dieser hat knapp das KZ in Gusen überlebt. Der drastische Animationsfilm Crulic – The Path to Beyond" leitet sogar zwei Programmsektionen ein: Das heurige Tribute, dass der rumänischen Regisseurin Anca Damian gewidmet ist, und die erstmalig bei Crossing Europe gezeigte Programmschiene "It’s animated!".

Crossing Europe: Es wird hell in Linz

Den vierten Eroffnungsfilm, "Hell" konnte man am Mittwochvormittag nachholen. Der aufwändig gemachte Endzeit-Thriller - der Debütfilm des Schweizer Regisseurs Tim Fehlbaum - ist eigentlich Teil der von "Slash"-Festivalchef Markus Keuschnigg kuratierten spätabendlichen Genrefilm-Sektion "Nachtsicht". Am späten Vormittag eignet sich der Film allerdings als Muntermacher nach einer ausgiebigen Eröffnungsnacht.

Und Christine Dollhofer gibt – ja, sie ist schon wieder für die Anmoderation auf den Beinen - gleich augenzwinkernd das Motto vor: "Welcome to Hell". In dem ausgezeichnet besetzten Streifen (Hannah Herzsprung, Lars Eidinger, Stipe Erceg, Angela Winkler) kämpft eine Gruppe von Menschen im gleißenden Sonnenlicht eines von der Klimakatastrophe gezeichneten Endzeit-Deutschland ums Überleben. Und wenn nach der Vorstellung die Türen aufgehen, und man vom dunklen Kinosaal vom eintretenden Sonnenlicht geblendet wird, weiß man, wie sich die Kinohelden fühlen könnten, und weiß: Jetzt beginnt das Festival erst so richtig. Und das endlich mit richtig gutem Wetter, das einem die Pausen zwischen den Filmen versüßt. Kein Kinowetter zwar – aber: Es wird hell in Linz.

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