Commissario Brunetti und die handgenähten Knopflöcher

Commissario Brunetti und die handgenähten Knopflöcher
Der 27. Fall heißt "Heimliche Versuchung". Donna Leon spaziert in Venedig von Drogen zu Kosmetika.

Man muss schon von sich sehr überzeugt sein, wenn man einen Kriminalroman damit beginnt, dass zwei Männer über Knopflöcher im Jackett plaudern.
„Ich bewundere sie.“
„Die Knopflöcher?“
„Ja.“
„Sie erkennen den Unterschied?“ – „Der springt doch ins Auge. Handarbeit solcher Qualität ist die reine Augenweide ...“
Donna Leon kann von sich überzeugt sein. Seit Jahrzehnten klettern ihre  Venedig-Romane stets die Bestsellerlisten hinauf.
Was gibt es bei Brunetti Neues? Über seinen französischen Kollegen Bruno (zehnter Krimi  von Martin Walker. „Revanche“) wurde an dieser Stelle bereits berichtet: Bruno füttert immer noch seine Hühner und den Hahn Blanco, sein zweiter Hund heißt Balzac, und das Mittagsmenü bei Igor ist  teurer geworden.

Brunetti liest inzwischen Sophokles’ Antigone, in der es, passend, um Macht und Gesetzesübertretung geht, und der Espresso wird  dank der Touristen teurer. Kaum noch ist er um 1 Euro zu kriegen.
Donna Leon geht’ s im  27. Fall (siebenundzwanzig!)  langsam an,  er ist langsamer als der auch nicht gerade hurtig ermittelnde  Franzose.
Eine Mutter, Uniprofessorin für Architektur, macht sich  Sorgen, dass ihr 15-jähriger Sohn Drogen nimmt. Jaja, auch in einer Nobelschule wird damit gehandelt.
Dann wird ein Mann  nachts auf der Ponte del Forner bewusstlos geschlagen. Es ist der  Vater des Buben, und wer nun denkt,  der Roman bleibt bei den Drogen, der irrt. Kosmetika sind mindestens ebenso wesentlich.
Daneben gibt es alle paar Seiten Hinweise auf den Verfall Italiens bzw. Venedigs.
Das Land ist kalt, das Personal im Krankenhaus ist kalt,  venezianisches Glas kommt aus China, wo bitte bekommen Einheimische einen stinknormalen Reißverschluss her? Männer trösten sich: Solange im TV Fußballspiele übertragen werden, ist alles auszuhalten.
Verwundert stellt man fest: „Heimliche Versuchung“ war trotzdem mit mehr Genuss zu lesen als „Revanche.


Donna Leon:
„Heimliche
Versuchung
Übersetzt von
Werner Schmitz.
Diogenes.
320 Seiten.
24,70 Euro.

KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern

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