Crazy Blues und Kuscheljazz der feinen Art
Blues-Power zum Finale der Opern-Schiene beim Jazzfest Wien am Sonntag. Ein Sax zaubert zu Klavier und kleinem Schlagzeug im Nu Bar-Atmosphäre ins Haus am Ring. Und dann: Was für eine Stimme!
China Moses, temperamentvolle Tochter von Dee Dee Bridgewater, intoniert, assistiert vom Pianisten Raphael Lemonnier und seiner Band, tiefschwarz etwa bei „Cherry Wine“ von Esther Phillips, sagt selber, sie sei „besessen von Dinah Washington“. Von ihr hat China Moses – aus ihrem Album „Crazy Blues“ nach der gleichnamigen Nummer von Mamie Smith aus dem Jahr 1920 – den seelenvollen Titel „You’re Crying“ im Repertoire. Quincy Jones hat ihn einst mit der „großen Lady des Blues und Soul“ aufgenommen. Außerdem singt China Moses eine verjazzte Version des Donna-Summer-Disco-Hits „Hot Stuff“ aus dem Jahr 1979.
Nach der Pause erfreut Joe Sample, Mitbegründer der legendären Crusaders, zunächst solo mit seinem zeitlos eleganten Pianostil. Er hat nichts anderes im Sinn, als den Flügel schön klingen zu lassen. Schließlich entert Randy Crawford mit Billie Holidays „Me, Myself, And I“ fröhlich die Bühne und erweist mit „This Bitter Earth“ ebenfalls Dinah Washington ihre Referenz. Der Swamp-Soul-Klassikers „Rainy Night in Georgia“ von Tony Joe White hört sich in ihrer Interpretation mit bezaubernd glockenheller Mädchenstimme an wie zerlassene Butter.
Von Nina Simone inspirieren ließ sie sich bei „End Of The Line“. Ihr baut sie auch mit „Feelin’ Good“ ein strahlendes Denkmal. Und natürlich darf bei der Crawford niemand ohne ihren Disco-Evergreen „Street Life“ und „Last Night At Danceland“ nach Hause gehen. Wenn’s denn schon Kuscheljazz sein soll, dann bitte so. Und nicht anders.
KURIER-Wertung: **** von *****
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