"Chess": Nur Schachfiguren im garstigen Spiel der Mächtigen

Optisch ein Farbtupfer, akustisch schrill in „Chess“: Ariana Schirasi-Fard, seit 2012 im Ensemble am Musiktheater des Landestheaters Linz
Kritik: Das Musical „Chess“ von Tim Rice und den „B’s“ aus ABBA konnte im Landestheater Linz nicht wirklich überzeugen

Sieg oder Niederlage? Wer setzt wen schachmatt? Ein Amerikaner und ein Russe sitzen sich zu Zeiten des Kalten Krieges im Finale der Schach-Weltmeisterschaft gegenüber. Und die ganze Welt sieht zu beim Duell zwischen Ost und West.

Davon erzählt „Chess“, das 1986 uraufgeführte Musical der Abba-Komponisten Benny Andersson und Björn Ulvaeus sowie des Welthit-Texters Tim Rice („Evita“, „Jesus Christ Superstar“).

Eine dramatische Love Story im Schachmilieu, verwoben mit einem Agententhriller. Eine Parabel über Manipulation, Intrige und Machtmissbrauch – nicht nur auf weltpolitischer Ebene. Am Ende der Psycho-Spielchen verliert der Ami Titel und Geliebte, der Russe seine Überzeugung. Nur die Erkenntnis, Schachfiguren im garstigen Spiel der Mächtigen zu sein, gewinnen alle.

Ob „Lazarus“, „Ragtime“, „On The Town“ oder zuletzt „Der Hase mit den Bernsteinaugen“: Musicals in Linz sind meist respektable Produktionen. Allerdings hinterlässt die halbszenische Aufführung von „Chess“ im Musiktheater am Volksgarten – unauffällig das Regiedebüt von Petra Jagušić – einen zwiespältigen Eindruck.

Da ist eine musikalische Gewürzmischung von symphonischen Klassikanleihen über typische Musical-Motive bis Rock zu entdecken, subtil und melodienverliebt auskomponiert, starke Chorpassagen inklusive. Und mit „One Night in Bangkok“, einer Perle der Trivialkultur, als Opener nach der Pause. Aber sonst weit entfernt vom Glamour-Pop der schwedischen Kultband, die gnadenlos Frohsinn spielte und es doch immer ernst meinte.

Und präzise realisiert vom auf der Bühne platzierten Bruckner Orchester Linz plus Band unter Tom Bitterlich, der souverän durch die abwechslungsreiche Partitur führt. Lynsey Thurgars Choreografie wirkt läppisch.

Gernot Romic gibt den amerikanischen Schachspieler Freddy Trumper: narzisstisch, skrupellos, egoistisch. Und wird den vokalen Herausforderungen nur mit Mühe gerecht.

Die Singstimmen der Damen im Spiel von Schwarz gegen Weiß, von Gut gegen Böse, wobei heutzutage diese Fronten und Trennlinien nicht mehr so klar zu erkennen sind, wünschte man sich größer und strahlender: Anaïs Lueken als zwischen den Männern hin- und hergerissene Florence und Hanna Kastner als verlassene Svetlana. Ihr Duett „I Know Him so Well“ handelt von den Gefühlen der Frau und der Geliebten für den sowjetischen Schachgroßmeister Anatoly Sergievsky und dem Zerbrechen der Beziehungen.

Schrill und schrullig

Schrill als Schiedsrichterin: Ariana Schirasi-Fard, die demnächst ans Wiener Kabarett Simpl wechseln wird und dort ab 25. September in der Revue „Arche Noah Luxusklasse“ zu sehen ist.

Schmunzeln macht die Gag-Einlage von zwei schrulligen britischen Beamten (Christof Messner und Domen Fajfar).

Hätten in „Chess“ alle Protagonisten die hervorragenden Gesangsqualitäten und die Bühnenpräsenz des jungen Tenors Christian Fröhlich als sowjetischer Schachgroßmeister, es wäre von einer Sternstunde zu berichten.

Aber diesmal hat man sich übernommen in Linz.

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