Cerhas "Baal": Ein Reigen der Übellaune

Cerhas "Baal": Ein Reigen der Übellaune
Kritik: In der Expedithalle der ehemaligen Ankerbrot-Fabrik wird die Brecht-Oper "Baal" des zeitgenössischen Komponisten Friedrich Cerha aufgeführt.

Der Rand der Gesellschaft liegt am Rande der Stadt: Baal, die für jeden sozialen Gebrauch untaugliche Brecht-Figur, verwehrt sich derzeit in der ehemaligen Ankerbrotfabrik in Wien-Favoriten gegen die Zumutungen des Funktionieren-Müssens.
Und das funktioniert wiederum gut: Mit der Brecht-Oper "Baal" von Friedrich Cerha, 85-jähriger Jahresregent der Neuen Musik, heimste die Neue Oper Wien einen Publikumserfolg ein.

Stimmig Übervorteilung, Verführung, Gesellschaftszwänge: Es ist ein zeitloser Reigen der Übellaune, den Baal vorantreibt. Sébastien Soulès legt den Unsympathler zwischen Rüpelrocker und Leidensfigur an. Eine energetische, stimmige Performance - wenn auch Soulès stimmlich nicht immer auf der Höhe der Partie ist.

Gewaltige Halle

Die Raumsituation in der gewaltigen Halle ist spannend: Wie ein steil abfallender Keil ist die Bühne zwischen die Publikumsreihen getrieben, durchsetzt von allerlei Eingängen, Klappen und Falltüren. Eine anfangs überaus vif anmutende Lösung für Auf- und Abtritte, die zunehmend aber in leere Dynamik verfällt.

Die insgesamt farbarme Optik (Bühne: Gilles Gubelmann) der Inszenierung (Leo Krischke) kontrastiert dabei mit dem souveränen Farbenspiel musikalischer Anspielungen, die Cerha in seiner in den 70er-Jahren entstandenen Oper verwendet. Deren musikalische Facetten bringt das amadeus ensemble-wien unter der Leitung von Walter Kobéra zu eindringlichem Leben.

Die Sänger: Michael Wagner ist ein ansprechender Eckart, Gernot Heinrich ein filigraner Johannes, Katharina Tschakert eine stimmstarke Johanna. Ein Ensemble (mit u. a. Daniel Serafin und Stephan Rehm, der den angekündigten Adi Hirschal ersetzt) deckt zahllose weitere Rollen ab. Langer Applaus.

KURIER-Wertung: **** von *****

"Baal" von Friedrich Cerha
Expedithalle der ehemaligen Ankerbrotfabrik, Puchsbaumgasse 1C, 1100 Wien

Aufführungen: 2., 7., 8. Oktober.

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