Cate Le Bon über Herzschmerz und John Cale

Eine Person mit dunklem Ledermantel steht seitlich vor einem zerknitterten, hellen Stoffhintergrund mit herabhängenden Bändern.
Die walisische Sängerin Cate Le Bon über ihr neues Album "Michelangelo Dying", die Liebe zur Wüste und ihre Verehrung für John Cale.

Eine Frau liegt in einem mit goldenen Brokat-Stoffen dekorierten Raum in einer Wolke von Polstern auf der Couch. So wie das Gefühl, das dieses Bild in Cate Le Bon entfachte, wollte die Musikerin ihr neues Album „Michelangelo Dying“ klingen lassen. „Es war das Bild einer Installation von Colette Lumiere“, erinnert sich die als Cate Timothy geborene Waliserin im KURIER-Interview. „ Ich habe es in einer Zeitschrift gesehen und war fasziniert. Denn die Frau sah so friedlich aus, so beschützt und weich gebettet. Sie kam mir vor wie jemand, der etwas Schwieriges beendet hat und sich jetzt ausruht. Danach habe ich mich gesehnt.“

Die Schwierigkeit, die Le Bon damals durchmachte, war das Zerbrechen einer langjährigen Beziehung. Der Herzschmerz kommt aber vorwiegend in den Texten raus. Mit dem Sound von „Michelangelo Dying“ liefert Le Bon vielschichtig aufgebauten Art-Pop, der zum Träumen einlädt. „Ich habe mich lange dagegen gewehrt, ein Heartbreak-Album zu machen“, sagt Le Bon. „Das war mir zu klischeehaft und ich wollte wohl auch vermeiden, dem Schmerz in die Augen zu sehen. Aber immer, wenn ich in diesen Zustand kam, wenn du selbstvergessen wie ein Kind kreativ bist, kam der Herzschmerz raus. Irgendwann habe ich mich ergeben. Andernfalls hätte ich mich dazu gezwungen, etwas zu machen, was nicht authentisch gewesen wäre.“

Le Bon, deren Künstlername eine Hommage an Duran-Duran-Sänger Simon Le Bon ist, hat die Texte abstrakt und bildhaft gehalten. „Michelangelo Dying“ ist so ein Bild. Die Phrase entstammt dem Song „Love Unrehearsed“: „Für mich darin steckt auch ein bisschen Ironie, weil es so grandios ist. Aber ein gebrochenes Herz ruft eben grandiose Gefühle hervor. Es gibt auch ein paar andere, persönliche Gründe, warum das als Albumtitel perfekt gepasst hat. Die muss man aber nicht enthüllen.“

Geliebte Wüste

Le Bon, die lange mit dem Musiker Tim Presley in der „Joshua Tree“-Wüste östlich von Los Angeles gelebt hat, zog nach der Trennung zurück nach Wales, ging aber wieder in ihre geliebte Wüste zurück („Diese Weite und Leere, das ist magisch“), um das Album fertigzumachen. „Ich hatte große Probleme, die losen Enden zusammenzubringen und dachte, dort könnte ich das schaffen, weil das Album symbiotisch mit meinem Leben in der Wüste verbunden ist. Und so war es auch.“ Die Probleme mit der Fertigstellung lagen auch daran, dass „Michelangelo Dying“ keinen roten Faden hat: „Die Songs liefern keine großartigen Erkenntnisse über die Liebe“, sagt Le Bon. „Sie spiegeln stattdessen die chaotische Desorientierung wider, die Herzschmerz auslöst. Es geht um diese repetitiven Gefühlsschleifen, in die man fällt, wenn man davon fantasiert wieder zusammenzukommen, was man aber eh gar nicht will. Oder wenn man sich an die Fantasie von der Beziehung klammert, die aber so gegensätzlich zur Realität war.“

Gastsänger John Cale

Als Gast auf dem Song „Ride“ konnte Le Bon ihr Idol John Cale gewinnen. Schon 2018 arbeitet sie mit dem legendären Mitbegründer der Art-Rockband The Velvet Underground zusammen. „Damals bekam ich eine Mail, in der stand: ,John Cale sucht dich!’ Das hat zuerst Gottesfurcht in mir geweckt. Ich dachte: ,Was habe ich angestellt, dass John Cale mich sucht?“ Er wollte aber, dass ich bei drei Konzerten in London verschiedene Songs mit ihm singe. Ich weine nicht oft, aber mit ihm auf der Bühne zu stehen, hat mich zu Tränen gerührt.“

Obwohl Le Bon damals sehr viel Zeit mit Cale bei den Proben verbracht hatte, traute sie sich zuerst nicht, ihn zu bitten, auf „Michelangelo Dying“ mitzusingen. Aber: „Irgendwann bekam ich große Wut auf mich selbst, dass ich nicht den Mut dazu aufbringen konnte. Ich dachte an das Gefühl, diese Chance zu verpassen, und schrieb ihm die Mail. Innerhalb von 24 Stunden hat er seinen Part zurückgeschickt. Da musste ich wieder weinen.“

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