Ein Chorist für den Konzern

Christian Kircher (Bildmitte) wird Geschäftsführer der Bundestheater-Holding.
Josef Ostermayer bestellt Christian Kircher, zuletzt Wien Museum, zum Holding-Chef.

Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) trug einen Triumph davon: Bei der Suche nach einem neuen Geschäftsführer der Bundestheater-Holding hielten die Beteiligten dicht, die Journalisten tappten im Dunkeln. Zunächst galt Christian Ladstätter, Geschäftsführer der Volksoper, als Favorit, später Martin Hoffmann, Intendant der Berliner Philharmoniker. Und auch Paul Gessl von der Niederösterreich Kulturwirtschaft soll zum Hearing geladen worden sein.

Doch Ostermayer wollte nicht mehr als 200.000 Euro Jahresgehalt zahlen. Das dürfte manchen abgeschreckt haben. Denn bereits 2012 hatte Georg Springer, jahrzehntelang Holding-Chef, 261.700 Euro verdient. Er trat infolge des Burg-Finanzskandals vorzeitig im Sommer 2014 in Ruhestand.

Zur Überraschung aller präsentierte Ostermayer am Donnerstag Christian Kircher als künftigen Geschäftsführer. Der Betriebswirt, 1964 in Spittal/Drau geboren, ist seit 2005 kaufmännischer Leiter des Wien Museums. Zuvor hatte er u. a. Marketing für das Dorotheum und Unilever gemacht. Bei Gillette war er als Business Director für Braun und Duracell Mitglied der Geschäftsleitung.

Kaufmann, Sänger ...

Als Finanzchef des Wien Museums wurde er von Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) in den Aufsichtsrat des Jüdischen Museums und in den Beirat des Arnold Schönberg Centers entsandt. Der Obmann-Stellvertreter des Wiener Bühnenvereins fungiert auch als Eigentümervertreter bei mehreren Theaterhäusern. Als Sänger im Arnold Schoenberg Chor hat er bei etlichen Produktionen (Theater an der Wien, Salzburger Festspiele etc.) mitgewirkt. Kircher, der einen Fünfjahresvertrag erhält, kennt also das Geschäft. Er sehe sich aber in erster Linie als Kaufmann, beteuerte er, und habe nicht die Absicht, bei den Entscheidungen über Programm und Besetzung einzugreifen.

... und Blitzgneißer

Seinen Job wird Kircher allerdings nicht mit 1. Jänner, wie es vorgesehen war, antreten, sondern am 1. April. Günter Rhomberg bleibt daher drei Monate länger interimistischer Holding-Chef. Zu konkreten Fragen wollte sich Kircher bei seiner Vorstellung nicht äußern; er sei aber "ein Blitzgneißer" und werde sich schnell einarbeiten.

Die Weichen sind ohnedies gestellt: Unlängst wurde das Bundestheaterorganisationsgesetz novelliert, zudem gibt es für das Geschäftsjahr 2016/’17 eine Erhöhung der Basisabgeltung um 14 Millionen Euro auf deren 162,9 Millionen. Rhomberg hat bereits eine "bedarfsorientierte Aufteilung" erarbeitet; das Burgtheater soll 48,7 Millionen, die Staatsoper 64,9 und die Volksoper 44,2 Millionen bekommen. Die weitere Aufteilung werde flexibel erfolgen, sagte Rhomberg.

Kircher sieht die Bühnengesellschaften "solide aufgestellt"; er hätte die Aufgabe nicht übernommen, "wenn vor mir das absolute Chaos wäre". Fakten fehlen aber weiterhin: Die Ermittlungen gegen die ehemaligen Burg-Geschäftsführer Matthias Hartmann und Silvia Stantejsky sind noch immer nicht abgeschlossen. Rechnungshof-Präsident Josef Moser soll Ostermayer aber zumindest die Fertigstellung des Rohberichts über das Burgtheater bis Ende Jänner angekündigt haben.

Die Bundestheater, im Herbst 1999 in eine Holding ausgegliedert, sind "der größte Theaterkonzern der Welt": Er besteht aus der Staats- und der Volksoper sowie dem Burg- mit Akademietheater. Hinzu kommt die Servicegesellschaft "Art for Art" (Werkstätten). Zu den Aufgaben der Holding zählen die strategische Führung und finanzielle Absicherung der Tochtergesellschaften, das Controlling, die interne Revision, der Abschluss von Kollektivverträgen.

Georg Springer, der die Bundestheater seit 1991 (damals als Generalsekretär) leitete, forderte vom Burgtheater "eine schwarze Null"; mit der zugestandenen Basisabgeltung ließen sich die Programmwünsche von Direktor Matthias Hartmann aber nicht umsetzen: Silvia Stantejsky, die kaufmännische Leiterin, setzte, wie Anfang 2014 bekannt wurde, "dolose Handlungen". Sie wurde gefeuert. Am 11. März 2014 entließ Kulturminister Josef Ostermayer Co-Geschäftsführer Hartmann. Zu dessen Nachfolgerin ernannte er Karin Bergmann, die einen harten Sparkurs einleitete.

Managementholding

Springer verabschiedete sich in den Ruhestand, Ostermayer beauftragte Günter Rhomberg, den ehemaligen Präsidenten der Bregenzer Festspiele, interimistisch mit der Leitung. In der Folge wurden die Kompetenzen gesetzlich neu geregelt: Nun bestellt der Minister nicht nur die künstlerische Geschäftsführung, sondern auch die kaufmännische. Die Konzernmutter soll (als "strategische Managementholding") Leistungs- und Zielvereinbarungen mit den Tochtergesellschaften abschließen. Sie hat nun mehr Pflichten – und weniger Macht.

Kommentare