"Bumm" hat es bei Elena Ferrante wieder nicht gemacht
Heuer im Jänner endete die KURIER-Kritik des zweiten Bandes der neapolitanischen Saga – "Die Geschichte eines neuen Namens", in den Bestsellerlisten noch immer weit vorn – mit dem Satz:
"Nach 1000 Seiten könnte es doch endlich Zoom oder bumm oder irgendwas machen."
"Die Geschichte der getrennten Wege" ist der vorletzte Band, der erscheint, während die anderen Bände der Serie noch in den Bestsellerlisten stehen. Es sind die Erwachsenenjahre, die 1970er, 1980er von Lila und Elena: im Rückblick von Elena erzählt, als Lila, 66 Jahre alt, aus Neapel spurlos verschwunden ist.
Aber das wissen die Freunde dieses schlichten Freundschafts- und Emanzipationsromans ja ohnehin, und Neueinsteiger wird es nicht viele geben.
Schleifpapier
Pasquale redet mit Enzo, Lila sagt: "Was für ein Scheiß, das heute Morgen." Nadia und ihr Bruder sind auch gekommen. Gennaro ist der Blamierte, Filippo hat Schiss, und das alles auf nur einer halben Seite – man kann sich vorstellen, was sich auf 500 Seiten ereignet.
Sehr viele Wörter.
Sonst nicht gar so viel.
Wenn bei jemandem – wie Ferrante so schön schreibt – die Nerven dem Schleifpapier der Qualen nicht standgehalten haben, dann bei Lila: Mit 16 heiratete sie, bekam ein Kind, lief ihrem Mann davon, arbeitete in einer Fabrik ... während Elena in Pisa studierte und als Schriftstellerin mit einem Roman über die Jugendzeit Erfolg hatte.
Eine blieb; und blieb aktiv, kämpferisch. Eine ging; und ging einen bequemeren Weg. Beide Frauen versuchen, glücklich zu werden; und Nino Serratore ist einmal bei Lila und einmal bei Elena anzutreffen. (Sein Vater, Frauenheld Donato, nur bei Elena.)
Immerhin erfährt man jetzt nachträglich, wenn erste Hochhäuser in Neapel stehen, dass es früher keine Hochhäuser in der Stadt gegeben hat. Das alte arme Neapel spielte in den ersten zwei Büchern leider kaum eine Rolle.
Nein, eine große Liebe wird Ferrantes Serie nicht mehr, aber man gewöhnt sich an fast alles.
Elena Ferrante:
„Die Geschichte der getrennten Wege“
Übersetzt von
Karin Krieger.
Suhrkamp Verlag.
450 Seiten.
24,70 Euro.
KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern
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