Buchpreis-Sieger schimpft über Handke: "Auf der Seite der Mörder"

Buchpreis-Sieger schimpft über Handke: "Auf der Seite der Mörder"
Saša Stanišić sagt in seiner Rede in Frankfurt, der Nobelpreis für Handke vermiese ihm nun die eigene Auszeichnung

Bestimmt gibt es noch Leser, die glauben, mit dem Deutschen Buchpreis wird – den Bestimmungen gemäß – tatsächlich der „beste deutschsprachige Roman des Jahres“ ausgezeichnet.

(Was 2019 schon deshalb unmöglich ist, weil weder Sibylle Berg noch Norbert Gstrein nominiert wurden; aber gut, meckern geht bekanntlich immer.)

Diese Leser wurden enttäuscht, denn ein Mitglied der siebenköpfigen Jury, die Wienerin Petra Hartlieb, hat vor der Verleihung öffentlich kundgetan: Der Roman, der gekürt wird, soll „in großen Mengen über den Ladentisch“ gehen. Hartlieb ist Buchhändlerin – ebenso ein zweiter (deutscher) Juror, mit dem sie sich einig im Urteil zeigt, dass „Schwieriges“ hier nichts verloren habe, man sei ja nicht beim Bachmann-Preis.

So gesehen, hätte der krasse Außenseiter gewinnen müssen: der Wiener Tonio Schachinger mit „Nicht wie ihr“ über einen österreichischen Fußballstar, der alles „scheiße“ findet – und wenn er irgendetwas Positives sagen soll, dann sagt er: „Oida, deine Freundin ist geil.“

Aber nein, gewonnen hat der heurige Favorit: Saša Stanišić (Foto oben). Ein Geschichtenerzähler, 1978 im bosnischen Višegrad geboren.

Erschüttert

Er war 14, als Serben die Kontrolle über die Kleinstadt übernahmen und mit ethnischen Säuberungen begannen. Mit Mutter (Bosnierin) und Vater (Serbe) flüchtete er nach Deutschland.

In seinem Siegerbuch „Herkunft“, erschienen im Luchterhand Verlag, redet er über den Zufall, irgendwo geboren zu werden ... und was danach geschah. Alte Heimat, neue Heimat. Heimate. Der Schriftsteller sammelt Erinnerungen. Die Großmutter, die er nach dem Krieg besucht, verliert ihre Erinnerungen.

Seit Peter Handke als Nobelpreisträger feststeht, twitterte Stanišić, er sei „blöd wütend“ – denn offensichtlich sei uns Geschichte egal: Handke habe sich „exklusiv an die Seite der Mörder und Milošević-Freunde“ gestellt, „diejenigen, die gegen Milošević in Scharen auf die Straße gingen, hat er ignoriert“.

Saša Stanišić meint, „ernstzunehmende Künstler und Intellektuelle schütteln den Kopf“ über die Entscheidung in Schweden.

Außerdem sei der Kärntner ein schlechter Autor, dessen Texte „hinplätschern & hineiteln“.

In seiner Rede in Frankfurt Montagabend ging der 41-Jährige ebenfalls auf den Nobelpreisträger los: Ihn erschütterte, „dass so etwas prämiert wird.“

Der Deutsche Buchpreis für Tonio Schachinger und „Nicht wie ihr“ wäre auch nicht so falsch gewesen. Fußball verbindet immerhin.

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