Buchkritik: "Glorreiche Ketzereien" von Lisa McInerney

Buchkritik: "Glorreiche Ketzereien" von Lisa McInerney
Diese traurige irische Kriminalkomödie spinnt viele Fäden zwischen Dealern, Zuhältern und Bigotterie.

anz etwas Seltenes: eine Kriminalkomödie, irisch,  dezent heiter, auch traurig; und sie kann mehr als das Typische: Da liegt eine Leiche, was machen wir jetzt?
Der Debütroman von Lisa McInerney, Jahrgang 1981, ist komplex, moralisch komplex noch dazu.  Dass es dafür bereits zwei Literaturpreise gab, hat damit zu tun, wie gut sie Ordnung gemacht hat im menschlichen Chaos aus dealenden, sich prostituierenden, weinenden, liebenden, saufenden und bigotten Frauen und Männern in Irland. Wahrscheinlich  würde man mit ihnen keine Dose Bier trinken wollen. Angst!

Erschlagen

Aber Lisa McInerney mag ihr Personal, und deshalb werden auch die Leser alle mögen, und dann spricht auch nichts dagegen, wenn man in ihre Wohnungen geht, hinter die  geblumten Vorhänge, an den Couchtisch mit den Brandflecken ... und mit der Bibel, auf der noch weiße Spuren vom Kokain sind, weil dort gerade eine Line gezogen wurde.
„Ein bisschen niederträchtig ist das schon, oder?“
„Was?“
„Dir das Koks vom Lieblingsbuch deiner Christen reinzuziehen.“– „Sie werden es nie erfahren.“
Eine Zusammenfassung des Inhalts funktioniert nicht und wäre abschreckend. Es wird viel mehr geboten als:
In einem aufgelassenen Bordell hat der Gangsterboss der Stadt Cork seine Mutter einquartiert, und als ein Fremder in dem Haus auftauchte, um etwas Katholisches zu holen (ehrlich!), da hat sie ihn erschlagen – immerhin mit einer Devotionalie erschlagen, einem heiligen Stein.
Was machen wir mit der Leiche? (Also doch diese Frage!) Den Gangsterboss-Sohn alarmieren, und der Sohn holt einen stadtbekannten Säufer für den Abtransport, und der kennt den Toten, der Tote war Zuhälter einer gewissen Georgie, und um die wird sich jetzt der 16-jährige Sohn des verwitweten Säufers kümmern, der lieber Klavier spielen würde, aber sein Vater hat das Klavier dem Gangsterboss  verkauft, dessen Frau der Meinung ist, so ein Klavier gehöre ins Haus eines Gangterbosses und so weiter und so fort.
 Vielleicht ist es schwer zu glauben, aber „Glorreiche Ketzereien“  ist überhaupt nicht deppert und wirr. Sondern einfach nur sehr gut. Eine Suche nach Erlösung. Alle suchen.
... und wenn dir das Leben Zitronen schenkt, so mach’ dir einen Gin Tonic. (Aber maximal zwei.)


Lisa
McInerney:

„Glorreiche
Ketzereien
Übersetzt von Werner Löcher-Lawrence.
Liebeskind
Verlag.
448 Seiten.
24,70 Euro.

KURIER-Wertung: **** und ein halber Stern

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