Buchkritik: Didi Drobnas "Als die Kirche den Fluss überquerte"
Ein seltener Treffer. Hinten auf dem Buchumschlag steht, als Zusammenfassung und Appetitanreger, der Satz:
Didi Drobna (Bild oben) erzählt davon, „wie das Leben weitergeht – trotz und manchmal wegen der Familie ...“
Es ist eine Familie, die zunächst ein Leben wie in einer
Schneekugel führte. Schön und so ordentlich. Dann gab der Vater der Mutter einen letzten Kuss auf den Kopf und ließ sich scheiden. Da waren die Mutter und Tochter Laura und Sohn Daniel allein. Naja, eine ziemlich schräge Künstlerin, Großcousine Miriam, gab es noch; und den Onkel Billy, ein Lebemann.
Aus Daniels Sicht im Rückblick erzählt Didi Drobna. (Ein Name, den man immer wieder schreiben und lesen will. Didi Drobna.) Geboren in Bratislava, lebt sie in Wien, seit sie drei ist. Eine studierte Germanistin und Kommunikationswissenschaftlerin, hauptberuflich leitet sie die Pressearbeit eines IT-Forschungszentrums.
Vergessen
Sie gibt ihren Stoff ziemlich unbehauen weiter. Manches klingt bei ihr rau, das ist das Gute, weil es Authentizität vermittelt.
Didi Drobna ist wohl keine, die feilt, die ihren Text ziselieren muss, ehe sie ihn für fertig hält – sie stellt ihn einfach hin, in die große Landschaft einer Familie, die über sich selbst lachen konnte.
Nun heißt ihr Roman „Als die Kirche den Fluss überquerte“. Das ist seltsam und passt, wenn man weiß, dass Mutter dement wird.
Sie ist erst Anfang 50. Trotzdem. Sie wird vergessen, sie wird ihr grünes Wohnhaus nicht finden, weil sie ein blaues sucht, und sie wird abgängig sein.
Wenn es so weit ist, verpufft Kritik. Denn bis dahin war der Roman zu reich an Anekdotischem: Der Tag, an dem die Küche brannte. Der Tag, als Billy nackt an einem Bettpfosten angebunden war. Der Tag, an dem der kleine Daniel den Herrn Pfarrer mit Essen anspuckte ...
Danach ist der Roman ... Roman und rund und so echt dass viele beim Lesen nicken werden: Ja, so war es mit Mama; und sich in einer Schneekugel schluchzend verstecken möchten.
Didi Drobna:
„Als die Kirche den Fluss
überquerte“
Piper Verlag.
320 Seiten.
20,60 Euro.
KURIER-Wertung: ****
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