Buchhandel zeichnet Miljenko Jergovic aus
Zum Abschluss der 14. Europäischen Literaturtage ist am Sonntagvormittag im Klangraum Krems Minoritenkirche der diesjährige Ehrenpreis des Österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln an den in Zagreb lebenden Schriftsteller Miljenko Jergovic verliehen worden. Jergovic sei ein "streitbarer Humanist und präziser Chronist gesellschaftlicher Konfliktlinien", so die Jury.
Der Ehrenpreis ist die höchste Auszeichnung, die der österreichische Buchhandel zu vergeben hat. Seit 1990 werden Personen gewürdigt, die sich in ihrem Werk und durch ihr Engagement für Toleranz gegenüber den anderssprachigen und kulturell anders geprägten Nachbarn in herausragender Art und Weise eingesetzt haben und somit einen Beitrag zu einem friedlichen Miteinander in Europa geleistet haben. Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert und wird vom Hauptverband des Österreichischen Buchhandels (HVB) ausgerichtet und wird von HVB-Präsident Benedikt Föger überreicht.
"Dichter der Yugosphäre"
In einer launigen Laudatio würdigte der deutsche Journalist Michael Martens den "kroatischen Schriftsteller aus Bosnien" als "Dichter der Yugosphäre", die größer als das einstige Jugoslawien sei, und dessen lakonische Miniaturen, in denen sich Jergovic jedoch niemals über die Nostalgie seiner Figuren lustig mache. Allerdings zitierte er den Satz "Der Pöbel definiert sich über Wappen, Flaggen, Namen".
Im Gespräch mit Katja Gasser konkretisierte Jergovic diese Ansicht anhand der bevorstehenden Fußball-WM in Katar, zu der "tausende idiotisch gekleidete Europäer" strömen würden, in Stadien, bei deren Bau zahlreiche Menschen ums Leben gekommen seien. Zugleich räumte er jedoch ein, sich selbst alle WM-Spiele ansehen zu wollen.
Grundlose gute Laune sehe er als "gefährliche Sache", die einen Reflex in ihm auslöse, sie zu zerstören. Denn oft führe sie, wie bei faschistischen Kundgebungen, zu einem Ziel, das sich niemand der Gutgelaunten gewünscht habe. "Die totale Vereinfachung mündet im Faschismus." Die positive Ideologisierung von Kindheit, Familie und Staat sieht er problematisch: "Erwachsen zu werden ist der Versuch, ein weniger bösartiger Mensch zu sein."
Jergovic übte weiters Kritik am "im Kern selbstzerstörerischen" liberalen Kapitalismus: "Wir bewegen uns mit hoher Geschwindigkeit auf den Abgrund zu." Zudem konstatierte er eine "zunehmende Balkanisierung der Welt" durch vulgäre Politiker von Seselj bis Trump und zog Parallelen zwischen Putin und Milosevic sowie Karadzic.
Miljenko Jergovic, geboren 1966 in Sarajevo, war auch journalistisch tätig und lebt seit 1993 in Zagreb. Seine Bücher wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet, zuletzt (gemeinsam mit seiner deutschen Übersetzerin Brigitte Döbert) mit dem Georg-Dehio-Buchpreis 2018. Jüngste auf Deutsch erschienene Veröffentlichung: "Der rote Jaguar" (2021).
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