Zuerst war Edgar Allan Poe ein Schelm, dann wurde er unheimlich

Zuerst war Edgar Allan Poe ein Schelm, dann wurde er unheimlich
„Die Erzählungen des Folio Club“ waren ein erfolgloser Versuch, satirisch zu sein

So direkt war nicht einmal Marcel Reich-Ranicki. Für die Prosa von Mrs Delia S. Bacon sei „leider eine Zwangsjacke unerlässlich.“ Das schrieb Edgar Allan Poe, als er in jungen Jahren als Literaturkritiker Geld verdiente. Danach – was man alles nicht einmal ahnt! – versuchte sich Poe  als Satiriker. Mit bescheidenem Erfolg:

Kein Rahmen

Eine literarisch interessierte Herrenrunde trifft sich, jeder trägt eine von ihm verfasste Geschichte vor. Da kommt der Teufel vor, ein lebender Toter – aber die Erzählungen sind nicht ganz ernst, sie spotten über Genres und über Poes Zeitgenossen. Auf die geplante Rahmenhandlung hat Poe dann mangels Interesse verzichtet. Aber geredet hat er darüber: Sein „Folio Club“ hätte den schlechtesten Beitrag wählen sollen, der „Gewinner“ wäre in die Berufung gegangen usw.

Dass die Erzählungen Parodien sind, ist oft kaum zu erkennen. Man orientiert sich an den vielen seufzenden „ach“ – im späteren Horror hat Poe freundlicherweise darauf verzichtet.

Edgar Allan Poe: „Die
Erzählungen des Folio Club“
Übersetzt, herausgegeben und mit einem Nachwort  von
Rainer Bunz.
Manesse Verlag.
320 Seiten.
25,90 Euro

KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern

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