Zerhackte Porträts der Lust und des Begehrens

Zerhackte Porträts der Lust und des Begehrens
US-Journalistin Lisa Taddeo fragte: "Würden Sie mit mir über Ihren Sex reden?" Dann schrieb sie den Roman „Drei Frauen“.

Die Amerikanerin Lisa Taddeo (Foto oben) sagt: Viel wird darüber geredet, was Frauen NICHT wollen. Es wird Zeit, dass Frauen sagen, was sie wollen.

Deshalb fuhr sie durch Amerika und sprach Fremde an: „Würden Sie mit mir über Ihren Sex reden?“

Mit Maggie, Lina und Sloane hat sie sich über einen Zeitraum von acht Jahren getroffen. „Drei Frauen“ wurde in den USA und in Großbritannien voriges Jahr ein Bestseller.

Fade Männer

Und sorgte für Diskussionen: Das Buch sei nicht sexy!

Raten darf man jetzt nur ein Mal, ob diese kritische Stimme von einer Frau oder einem Mann gekommen ist.

Den Porträts der Lust ist ein tägliches Erlebnis ihrer italienischen Mutter vorangestellt: Als sie jung war und zur Arbeit ging, folgte ihr täglich ein Mann um die 65 und masturbierte hinter ihr. Männliche Lust ist langweilig, alles wird wegen ein paar Sekunden riskiert. Sogar Amerikas Präsidentschaft.

Es sind spektakuläre Geschichten. Taddeo ist Journalistin. Sie braucht Spektakuläres. Dass alle Menschen Sehnsüchte haben, wird man bei ihr nicht lesen. Egal, man weiß es ohnehin.

30 Seiten Maggie, die minderjährig war, als ein verheirateter Lehrer eine Affäre begann. Und sie dann ablegte. Maggie hat auf ihn gewartet, fünf Jahre, dann hat sie ihn angezeigt.

30 Seiten mit Lina, einer 30-jährigen Hausfrau, deren Mann das Küssen ablehnt, weil er nichts Fremdes im Mund haben will. Der Paartherapeut findet das durchaus in Ordnung. Wenn der Mann es so haben will ... Was Lina will, zählt nicht.

30 Seiten mit der 40-jährigen Restaurantbesitzerin Sloane, die mit vielen Männern Sex hat, während ihr Ehemann zuschaut.

Dann wieder bissl Maggie: Man glaubt ihr vor Gericht nicht. Dann Lina: Ihre große Jugendliebe tritt auf. Und Sloane: Sie zeigt einem Kellner ihr neues Tatoo auf der Hüfte. Und so geht es weiter. Solch Zerhacktes muss man mögen.

Nein, man muss das nicht mögen.

Intensiv ist es. Ausgesuchtes Sexleben, nicht alltäglich. Lisa Taddeo meint trotzdem, die von ihr beschriebene Lust samt Schmerz sei repräsentativ.

Trotz ihrer langen Recherchen: Tief ins Thema ist sie nicht vorgedrungen. Und der voyeuristische Blick ist leider nicht zu leugnen („Sie umfasst seinen Penis, er fühlt sich an wie ein Rubin ...“),

Dass man sich beim Lesen gezwungen sieht, über die Frauen zu urteilen, ist – auch – Lisa Taddeos Schuld.

 


Lisa Taddeo:
„Three Women - Drei Frauen“
Übersetzt von
Maria Hummitzsch.
Piper Verlag.
416 Seiten.
22,70 Euro.

KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern

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