Was wäre, wenn Hillary nicht Bill Clinton geheiratet hätte?

Was wäre, wenn Hillary nicht Bill Clinton geheiratet hätte?
Ein neuer Start, die erste US-Präsidentin zu werden - im Roman von Curtis Sittenfeld

Trump wäre nicht Präsident geworden.

Hillary hätte gewonnen.

Als Bill Clinton sie gefragt hat, ob sie ihn heiraten will, hat sie zwei Mal „nein“ gesagt. Beim dritten Mal „ja“.

Aber was wäre, wenn ... wenn sie Bill nicht geheiratet hätte? (Weil sie – bei aller Liebe, bei aller Lust auf Sex mit ihm – früh erkannt hat, dass er nicht treu sein kann)?

Hillary Rodham, ihr Mädchenname, wäre die erste US-Präsidentin geworden.

Ab 13 Grad

Ständig muss man sich vorsagen: „Hillary“ ist ein Roman ist ein Roman ist ein Roman.

Zwar stimmt im ersten Teil vieles, es ist in Biografien und in drei Autobiografien nachzulesen, etwa ihren Auftritt in Yale, als sie dem Universitätsprofessor für Steuerrecht die Leviten las:

Er hatte jedes Jahr „alle Jungfrauen“ vorne im Hörsaal antreten lassen. (Danach tat er es nicht mehr.)

Anfang der 1970er Jahre waren nur zehn Prozent der Jusstudenten Frauen, und für die gab es oft Spott.

Dass ihr Vater auffällig war, indem er z.B. im Restaurant ein Thermometer ins bestellte Leitungswasser steckte und sich beschwerte, weil es neun Grad hatte und seine Idealvorstellung der Trinktemperatur bei 13 bis 21 Grad lag ... es ist hingegen bloß eine Anekdote.

Unrasiert

In diesem Buch von Curtis Sittenfeld kann Hillary Rodham noch einmal durchstarten. Sie bleibt allein, kinderlos, sie steht nicht im Schatten eines Mannes. Sie wird eine Karrierepolitikerin, der Mann nachsagt, lesbisch zu sein. Als kalt und rücksichtslos ist sie sowieso gleich abgestempelt.

Es dauert etwas lang, bis der Roman ins Fiktive abhebt und Bill Clinton im Rennen um den Präsidentschaftskandidaten der Demokraten geschlagen wird.

Einmal hat Hillary vergessen, vor einer Wahlkampfrede ihre Beine zu rasieren. Wähler(innen) hätten sie deshalb für schlampig halten können.

Diese kleine Episode schärft den Blick, wie gut es Männer in ähnlichen Positionen haben.

Autorin Curtis Sittenfeld aus Ohio mag Hillary. Es gibt keine Kontakte zwischen den beiden.

„Ich halte sie für eine sehr warmherzige, mitfühlende, kluge und hart arbeitende Frau. Vermutlich ist sie eine gute Zuhörerin und eine wundervolle und loyale Freundin.“

Im Buch wird ihr mit Verspätung ermöglicht, private Sorgen und Sehnsüchte auszudrücken.

„30 Jahre haben ihre Gegner versucht, Hillary als unehrlich und korrupt darzustellen. Trotzdem findet man kaum Beispiele, in denen sie sich tatsächlich unpassend verhalten hat. Die große Distanz zwischen ihrer sehr negativen Darstellung in den Öffentlichkeit und ihren Auftritten als Person und Politikerin ist verstörend.“

Es wird von Seite zu Seite unterhaltsamer. Bill Clinton kommt nicht gut weg.

Obwohl er damals in der Badehütte am Atlantik für Hillary so schön „When the Saints Go Marching In“ auf dem Saxofon gespielt hat, splitterfasernackt.

 

Curtis Sittenfeld:
„Hillary“
Übersetzt von
Stefanie Römer.
Penguin Verlag.
512 Seiten.
24,90 Euro

KURIER-Wertung: ****

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