Vom Kollegen, der nur 27 Jahre brennen durfte

Vom Kollegen, der nur 27 Jahre brennen durfte
Paul Austers 1.200 Seiten über Kollegen Stephen Crane ... und ein neuer Band mit dessen besten Kurzgeschichten

Stephen Crane sei die Antwort Amerikas auf Schubert und Mozart.

Der Amerikaner Paul Auster übertreibt. („Vielleicht übertreibe ich ein wenig.“)

Sein neues Buch „In Flammen“ ist kein Roman wie zuletzt „4321“, sondern die Biografie seines Landsmanns und Kollegen Stephen Crane, der sich 1900 zu Tode hustete, 27 Jahre alt – ein James Dean der Literatur.

Paul Auster - Foto oben - fühlte sich zu 1.200 Seiten veranlasst. Werk und Leben: fifty-fifty.

Nur Material

Früher war Cranes Roman „Die rote Tapferkeitsmedaille“ in den USA Schullektüre. 1895 geschrieben – 34 Jahre vor Remarques „Im Westen nichts Neues“ –, war er radikal: Krieg und seine Auswirkungen auf einen jungen, naiven Soldaten. Glänzende Augen zuerst, später die Gewissheit, bloß Material zu sein.

(Der persönliche Weg zu Crane führte 2020 über Andreas Kollenders Roman „Mr. Crane“, der Tuberkulose-Tod und die erfundene letzte Liebe zu einer im Gesicht entstellten Krankenschwester.

Eine Liebe ist nie sinnlos, selbst dann nicht, wenn sie nur wenige Tage Zeit hat.)

Auster huldigt Crane, indem er, oft zitierend, vorführt wie sich die Texte anfühlen, wenn man ihnen erstmals begegnet. Das ist schön zu lesen, in der Überfülle etwas weniger schön. Man kann ja selbst die Erfahrung machen:

„Monster“ – zurzeit nur im Antiquariat erhältlich, aber heuer neu aufgelegt im Pendragon Verlag:

Ein Mann, der ein Kind aus brennender Wohnung rettete, ist seither verstümmelt und wird gemieden – und wenn 15 Teller auf dem Tisch liegen, bleiben sie leer, denn keiner der Eingeladenen kommt zu ihm.

Oder, neu im Pendragon Verlag, „Die tristen Tage von Coney Island“ und 12 andere Kurzgeschichten – etwa „Das offene Boot“: Der Schiffbruch, den Crane im Atlantik erlebt hat. Volle Wucht.

Hemingway machte sich später seinen Stil zu eigen, heute sagt jeder: Das Wortkarge, Schnörkellose sei typisch ... Hemingway.


Paul Auster:
„In Flammen“
Übersetzt von Werner Schmitz.
Rowohlt Verlag. 1.184 Seiten. 35 Euro

KURIER-Wertung: ****


Stephen Crane: „Die tristen Tage von Coney Island“
Übersetzt von Bernd Gockel.
Pendragon Verlag. 272 Seiten. 24,95 Euro

KURIER-Wertung: ****

 

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